pro familia sieht Zusammenhang zwischen ungewollter Schwangerschaft und finanzieller Not.
„2008 war für uns das Jahr der personellen Veränderungen”, resümiert Andreas Müller, der die Nachfolge für die langjährige Leiterin der Oberhausener Beratungsstelle von pro familia, Sieglinde Werth, übernahm, die nach 28 Jahren in den Ruhestand gegangen ist. Susanne Kaltwasser verantwortet seit Jahresbeginn den Bereich sexueller Missbrauch.
Das 20-jährige Bestehen der sexualpädagogischen Stelle von Andreas Müller gab Anlass zu verschiedenen Sonder-Aktionen. Was 1988 mit der Einrichtung einer ABM-Stelle (Arbeitsbeschaffungsmaßnahme) begann, setzte Müller mit einer halben Stelle im pro familia-Team OB 15 Jahre lang fort: „Während zu Beginn Aids und Verhütung im Mittelpunkt standen, hat sich die Thematik im Laufe der Jahre erweitert. Die eigene Sexualität, Körperentwicklung, sexuell übertragbare Krankheiten und Homosexualität sind fester Bestandteil der Aufklärungsarbeit – für Jugendliche und Erwachsene.”
Wichtig sei, dass die jungen Leute ein gesundes Selbstwertgefühl entwickelten, um sich gegen die Macht der Medienwelt behaupten und eine eigene selbstbestimmte Sexualität entwickeln zu können.
Die Anzahl der Beratungen blieb mit 993 „Sitzungen” im Vergleich zum Vorjahr etwa gleich. „Der Bedarf ist da, wir decken ihn ab”, so das Fazit des Teams. In 439 Fällen ging es um Schwangerschaftsabbrüche, in 554 Gesprächen um allgemeine Schwangerschaftsberatung, Partnerschafts- oder Sexualberatung, Lebensberatung, Familienplanung, medizinische Beratung zum Kinderwunsch oder um die Situation nach einem Schwangerschaftsabbruch. „Die Anzahl der Schwangerschaftsabbrüche ist leicht rückläufig”, so Dr. Christine Gathmann, Ärztin im Team. Damit unterscheide sich OB nicht vom Bundestrend. Interessant sei, dass die Anzahl Minderjähriger, die ungewollt schwanger geworden sind, besonders niedrig gewesen sei. Sorge hingegen bereitet die sozial bedingte ungewollte Schwangerschaft, die Tatsache, dass es Frauen aus finanzieller Not nicht immer möglich ist, optimal zu verhüten. „Am Ende des Monats ist kein Geld mehr für die Pille da”, konkretisiert Sozialpädagogin Gerlinde Zlotos das Problem. Würden armen Frauen ärztlich verordnete Verhütungsmittel kostenlos zur Verfügung gestellt, so das Ergebnis eines Versuchs in Holland, könnte die Anzahl ungewollter Schwangerschaften deutlich reduziert werden.
Bedenklich sei die Auswirkung der Praxis, junge Leute mit befristeten Arbeitsverträgen zu beschäftigen: „Eine Planungsunsicherheit, die Paare mit Kinderwunsch davon abhält, sich diesen zu erfüllen”, so Zlotos.
Wie wichtig es ist, die Beratungsstelle mit einem multiprofessionellen Team zu besetzen, zeige sich allein an dem steigenden Bedarf nach Beratungen im Zusammenhang mit der vorgeburtlichen Diagnostik. Hier bedarf es sowohl medizinischer als auch psychologischer Fachkenntnisse, um Frauen zu erklären, was die Untersuchungen überhaupt feststellen können und welche Risiken mit ihnen verbunden sind.