Oberhausen. Nicht nur durchs Kandidaten-Team um Jörg Hansmeyer gerät der alte DRK-Vorstand in Oberhausen unter Druck. Auch der stellvertretende Opel-Betriebsratsvorsitzende Franco Biaggotti meint: „Beim alten Vorstand muss heftig ausgefegt werden“.
Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) Oberhausen ist angesichts eines Jahresumsatzes von rund 7 Millionen Euro nichts Geringeres als ein mittelständiges Wirtschaftsunternehmen mit erheblicher Bedeutung für die sozialen und sicherheitstechnischen Bedürfnisse dieser Stadt - doch seit einem Jahrzehnt geht es in diesem DRK-Kreisverband so sehr drunter und drüber, dass kundige Journalisten ihn in früheren Jahren schon einmal als den „wohl skandalträchtigsten DRK-Ortsverband im Lande“ einstuften.
Dabei war der Mülheimer Thomas Götz, der heutige DRK-Vorsitzende und im Hauptberuf Unternehmensberater, 2004 zur Wahl angetreten, um das „DRK wirtschaftlich zu führen“ und „neue Märkte zu erschließen“.
Kandidatur von Götz damals völlig überraschend
Damals kandidierte Götz völlig überraschend erst am Abend der Jahreshauptversammlung im Ebertbad als Vorstandsvorsitzender - und stach dann bei der Wahl die als Sanierungs-Team angepriesene Kandidaten-Mannschaft um so honorige Oberhausener Leute wie den früheren Sparkassen-Chef Elmar Oertel, den früheren Ordnungsdezernenten Dirk Buttler und Bürgermeisterin Gretel Kühr aus.
Damals gingen nicht wenige davon aus, dass Götz dieser Coup gegen Spitzenleute der Stadtgesellschaft nur gelang, weil er generalstabsmäßig Neumitglieder auch von außerhalb Oberhausens angeworben hatte und zur Versammlung karren ließ.
So werben nun auch die Gegner von Götz, die von der Initiative Handwerk unterstützte Gruppe um den Oberarzt Jörg Hansmeyer, um neue Mitglieder, die am Donnerstag bis 12 Uhr im Handwerkszentrum an der Mülheimer Straße 6 Mitglied im DRK werden sollen. Denn auch wer nur wenige Stunden vor der Hauptversammlung eintritt, kann den neuen Vorstand des DRK für die nächsten drei Jahre mitwählen. Hansmeyer hatte erst am Montag seine Kampfkandidatur im Team angekündigt: Mit einem Unternehmer, einer Steuerberaterin, einer Juristin und einem Stadtplaner. Sie alle wollen das DRK wieder auf gesunde Füße stellen.
"Wir geben weiter Gas"
„Wir geben weiter Gas, hoffen auf neue Mitglieder, aber auch auf das Engagement der vielen alten Mitglieder - und rufen sie auf, für einen Neuanfang im DRK zur Versammlung zu kommen“, sagt Hansmeyer. „Wir erhalten laufend enorme Sympathie-Bekundungen - jetzt oder nie, heißt es“, freut sich Peter Geese von der Initiative Handwerk.
Neben dieser Gruppe tritt auch noch Franco Biaggotti, der stellvertretende Betriebsratschef von Opel, als Einzelkandidat gegen den alten Vorstand an - und will stellvertretender Vorstandsvorsitzender des DRK werden. „Beim alten Vorstand muss heftig ausgefegt werden“, meint Biaggotti. Dieser habe erhebliche Fehler gemacht. „Es sind unglaublich hohe Gelder für Abfindungen und Kündigungen ausgegeben worden. Zudem hat man die Arbeit mit dem Jugendrotkreuz und die Ehrenamtlichen stark vernachlässigt.“
Biaggotti will auch deshalb in den Vorstand, damit die Interessen der gut 100 hauptamtlichen Vollzeit-Beschäftigten und über 230 Helfer besser als bisher vertreten werden. „Es herrscht unter den Beschäftigten große Angst. Das DRK muss zwar restrukturiert werden, aber nicht zu Lasten der Arbeitnehmer.“
Thomas Götz wiederum stellt sich zum Teil auch mit neuen Leuten zur Wahl: CDU-Ratsherr Dirk Rubin will sein Stellvertreter werden, Frank Krause Beisitzer. Schatzmeister bleiben will Sven Müller, stellvertretende Vorsitzende Ester Suhr und Justiziar Jürgen Zwanzig.
Der amtierende DRK-Chef Thomas Götz wehrt sich gegen Anschuldigungen
Eine Gruppe von DRK’lern um Oberarzt Jörg Hansmeyer hat mit Unterstützung des Initiativkreises Handwerk Oberhausen eine Kampfkandidatur gegen den alten Vorstand um Thomas Götz angekündigt. Dabei wurden den bisherigen Vorständen mehrere Vorwürfe gemacht. Hier die Haupt-Anschuldigungen - und was der seit 2004 als DRK-Vorstandsvorsitzender amtierende Thomas Götz dazu sagt:
1. Vorwurf: Wirtschaftliche Misswirtschaft zu Lasten des DRK - mit einem Minus von über 277 000 Euro im Jahr 2009. 2008 und 2009 wurde der Vorstand nicht entlastet. Der Haushalt 2011 wurde nicht genehmigt. Es wird die Gefahr gesehen, dass das DRK Oberhausen durch wirtschaftliches Fehlverhalten der Oberhausener DRK-Spitze seine Gemeinnützigkeit verliert - und dann hohe Steuerzahlungen nachentrichten müsste.
Dazu Thomas Götz: „Zur wirtschaftlichen Situation des Kreisverbandes hat der DRK-Landesverband Nordrhein e.V. eine Prüfung durchgeführt. Das Ergebnis wird im Rahmen der außerordentlichen Kreisversammlung am 31. März vorgetragen. Der Landesverband wird auch deutlich machen, welche Aufgaben einem ehrenamtlichen Vorstand obliegen und welche einem hauptberuflich tätigen Geschäftsführer. Maßnahmen zur wirtschaftlichen Situation zum Beispiel sind Aufgabe des Geschäftsführers und nicht des Vorstandes. Als der Vorstand im Jahr 2010 erkannte, dass der Geschäftsführer seine Aufgaben nicht ordnungsgemäß erfüllt hatte, kündigte er ihm im März 2010. Die Verweigerung der Entlastung 2008 und 2009 geschah in der Kreisversammlung am 20. Dezember 2010, in der beide Geschäftsjahre behandelt wurden. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Vorstand seine Konsequenzen aus den Missständen bereits gezogen und den Geschäftsführer entlassen.“
2. Vorwurf: Aufträge für Dienstleistungen und Kauf von Waren seien nicht ordnungsgemäß ausgeschrieben, sondern freihändig vergeben worden. Somit erhielt oftmals nicht der günstigste Anbieter den Zuschlag.
Dazu Thomas Götz: „Der Einkauf von Waren und Dienstleistungen ist nicht Aufgabe des Vorstandes, sondern des mittlerweile gekündigten Geschäftsführers. Dieser wurde am 17. Januar 2008 beauftragt, den Einkauf des DRK in Oberhausen zu zentralisieren. Wesentlicher Bestandteil war die Einführung eines üblichen Beschaffungswesens.
Dieser Auftrag wurde nicht umgesetzt. So wurde die Anmietung der neuen Telefonanlage (Auftragsvolumen 150.000 Euro über fünf Jahre) vom Geschäftsführer nicht nur ohne Ausschreibung, sondern auch ohne Vergleichsangebote vergeben. Dieser und andere Aufträge wurden dem Vorstand nicht vorgelegt, obwohl der Auftragswert die Zeichnungskompetenz des Geschäftsführers (bis 20.000 Euro) übertraf. Dieses Fehlverhalten fiel erst im vergangenen Jahr, nach Kündigung des Geschäftsführers auf.“
3. Vorwurf: Der Vorstand agiere mit Drohungen gegen Mitarbeiter. Dabei soll es auch zu Androhungen von Kündigungen gekommen sein. Zudem seien Kündigungen auch vollzogen worden, die Arbeitsgerichtsprozesse nach sich gezogen hätten. Das Betriebsklima sei nachhaltig erschüttert. Man spricht auch von unmöglichen Umgangsformen, die Stimmung vieler Mitarbeiter sei verzweifelt.
Dazu Thomas Götz: „Es ist für uns schwierig, solche Vorwürfe zu widerlegen, wenn keine Namen genannt werden. Der Vorstand hat zu keinem Zeitpunkt eine/r/m Mitarbeiter/in mit Kündigung gedroht. Personalentscheidungen wurden üblicherweise auf Beschlussvorlage des Geschäftsführers getroffen. Ausnahmen waren die Kündigung des Betriebsleiters Seniorenzentren (betriebsbedingt wegen Systemänderung) und die Kündigung des Geschäftsführers selbst. Stimmungslagen bei haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitern sind subjektiv. Der Vorstand bedauert, dass das Betriebsklima von einigen Mitarbeitern als negativ empfunden wird.“
4. Vorwurf: Der Vorstand habe mit Mitarbeitern und Mitgliedern kaum kommuniziert, sie seien in Entscheidungen nicht mehr eingebunden gewesen.
Dazu Thomas Götz: „Internationale Vorgaben der Rotkreuzbewegung sehen vor, dass die repräsentative, zielgebende Arbeit des ehrenamtlichen Vorstandes vom operativen Geschäft zu trennen ist. Letzteres obliegt dem operativ verantwortlichen Geschäftsführer. Wir verstehen den Vorwurf dahingehend, dass es sich um operative Entscheidungen handelte und somit in das Aufgabengebiet des Geschäftsführers fielen.“
5. Vorwurf: Es habe nach der Satzung zu wenig Versammlungen des DRK gegeben. Der Vorstand habe entgegen der Satzung keine Kassenprüfer installiert.
Dazu Thomas Götz: „In der Zeit des Vorstandsvorsitzenden Thomas Götz (seit 2004) sind zwei ordentliche Kreisversammlungen nicht fristgerecht durchgeführt worden.“ Sie seien aber in den nächsten Jahren nachgeholt worden. „Die Satzung sieht Kassenprüfer nicht zwingend vor. Es gibt keinen eigenen Regelungsabschnitt für Kassenprüfer. Lediglich in § 13 wird der Kreisversammlung die Möglichkeit eingeräumt, zwei Kassenprüfer zu wählen. Ein Antrag auf Wahl von zwei zusätzlichen, ehrenamtlichen Kassenprüfern ging in den vergangenen Jahren nicht ein.“