Ein Hygienesiegel für Krankenhäuser soll her. Dies fordern die Gesundheitspolitiker von Union und FDP. Wir wollen wissen, wie sich die Krankenhäuser vor Ort im Kampf gegen Keim und Co. wappnen.

„Das ist ein brisantes Thema, bei dem es noch viele Fragen gibt“, meint Hans Rosenkranz, technischer Direktor des St.-Clemens-Hospitals. Natürlich gebe es im Clemens-Hospital eine Hygienekommission. „Wir haben zwei Ärzte, die für diesen Fachbereich zuständig sind, außerdem eine Krankenschwester“, so Rosenkranz. Expertenrat erhalte das Haus zusätzlich von einem Hygieniker der Universität Düsseldorf.

Auf den Stationen, in allen Dienstzimmern, vor jedem Patientenzimmer befänden sich Desinfektionsgeräte. Denn: „Rund 90 Prozent der Keime werden über die Hände übertragen.“ Rosenkranz ist sich sicher: „Auch der Methicillin-resistente Staphylococcus aureus (MRSA) wird meist von außen in die Kliniken eingeschleppt.“ Ein generelles MRSA-Screening aller Patienten — wie es die Uniklinik Essen eingeführt hat — hält Rosenkranz aber für bedenklich: „Ohne Verdachtsdiagnose, ohne jeden Behandlungswert und vor allem ohne das ausdrückliche Einverständnis der Patienten ist das rechtlich nicht zulässig.“ Gleiches gelte für Untersuchungen auf HIV oder Hepatitis. „Dazu gibt es längst entsprechende Urteile.“

Für fragwürdig hält Rosenkranz auch die Isolation von MRSA-Trägern: „Auch dieser Punkt ist gesetzlich nicht geklärt, eine Isolation könnte von den Patienten folglich auch als Freiheitsberaubung aufgefasst werden.“

Die beste Vorsorge gegen den — gegen die meisten Antibiotika — resistenten Keime bleibe eine Desinfektion der Hände: „Das gilt für Patienten, Besucher, Personal.“ Für letzteres gebe es im Haus entsprechende Dienstanweisungen. „Der hohe Verbrauch an Desinfektionsmitteln zeigt uns, dass die eingehalten werden.“

Bei den Katholischen Kliniken Oberhausen (KKO) sind zwei Fachkräfte für die Keimeindämmung zuständig. Eine davon ist Hygienefachschwester Monika Szary. „Alles, was der Gesetzgeber und das Robert-Koch-Institut empfehlen, haben wir umgesetzt“, sagt sie. Neben der Händedesinfektion seien das: „Die Gerätetechnik muss stimmen, mikrobiologische Proben werden entnommen, eine Infektionserfassung durchgeführt.“ Ein MRSA-Screening gibt es im St. Josef Hospital bereits seit zehn Jahren. „Aber nur bei Risikopatienten“, so Szary. Viel Wert lege das Krankenhaus auf Hygieneschulungen der Mitarbeiter. „Die sind gut besucht — auch aus Eigenschutz.“

Zweidrittel aller Infektionen sind nicht vermeidbar, sagt Henning Rüden, der als Hygieneberater alle 62 Helios-Kliniken auf Herz und Nieren prüft. „Bei einer Dickdarmoperation etwa ist das Risiko groß, dass körpereigene Bakterien trotz aller Vorsicht in den Bauchraum gelangen.“

Die Desinfektion der Hände hält allerdings auch der Hygieniker für das Mittel der ersten Wahl. „Allein dadurch konnten wir in unseren Häusern das Infektionsrisiko um 35 Prozent reduzieren.“ Dennoch: „Nach wie vor nimmt es das Pflegepersonal genauer als die Ärzte bei der Handhygiene, sind Frauen sorgfältiger als Männer.“ Rüden versuchte es mit einem Trick: „Wir schafften für unsere Ärzte eine Kitteltaschenflasche mit Desinfektionsspray an — jetzt liegt der Verbrauch sogar über dem Durchschnitt.“

Streng geregelt werde auch bei Helios in Oberhausen die Antibiotika-Vergabe. „Oft genug führt erst eine falsche Anwendung zu einer MRSA-Entstehung“, weiß der Experte. Da die Antibiotika-Therapie während des Studiums nur unzureichend behandelt werde, verließen sich zu viele Mediziner auf die Angaben der Pharmakonzerne. „Aus diesem Grund haben wir uns in unseren Kliniken komplett gegen Vertreterbesuche entschieden“, betont Rüden. Der Medikamenteneinkauf würde über eine Zentrale geregelt.

Das Evangelische Krankenhaus (EKO) führte für ältere Patienten, Patienten mit chronischen Wunden, in den Abteilungen Kardiologie und Gefäßchirurgie ein generelles Screening ein. „Mit Einwilligung der Patienten natürlich“, hebt Hygienebeauftragter Dr. Thomas Rieger hervor. Antibiotika würden nur noch nach Rücksprache mit Experten verordnet. Und: „Wir beteiligen uns wie etwa auch Helios an KISS (Krankenhaus-Infektions-Surveillance-System).“ Über ein nationales Referenzzentrum könne jede Klinik ihre Daten erfragen. „Daran erkennen wir Schwachstellen sofort und können wie jetzt im Bereich beatmungsbedingte Infekte sofort Schulungsmaßnahmen einleiten.“