Oberhausen..
SPD, Grüne und FDP im Oberhausener Rat haben die befristete Unterbringung Schwerstkrimineller in der alten JVA ermöglicht. Die Kritiker bezweifeln, dass der Standort wirklich sicher sei. Auch gebe es für die Befristung auf zwei Jahre keine Garantie.
Es ist eine große Ausnahme, wenn ein Stadtrat einer ganz normalen Bürgerin das Recht der Rede am Pult der Volksvertreter einräumt. Doch bei diesem heiklen, emotional so aufgeladenen Thema lauschten die gewählten Stadtpolitiker auf der Ratssitzung am Montag den Argumenten von Carolin Buttke, Sprecherin der Bürgerinitiative gegen die neue Anstalt für Schwerverbrecher in Oberhausen, aufmerksam.
Leidenschaftlich trägt Buttke, die auch Schulpflegschaftsvorsitzende des Elsa-Brändström-Gymnasiums ist, ihre Sichtweise vor: Die Lage der neuen Einrichtung für kaum therapierbare Sex- und Brutaltäter in der Innenstadt sei eine immense Gefahr für Bürger und schade dem Image der Stadt; man gewinne künftig keine Lehrer mehr für die Schulen und Geschäfte müssten schließen, weil weniger Menschen einkaufen wollten.
Man glaube nicht, dass die Täter keinen Freigang in der Gegend erhalten werden und überhaupt nicht belastbar sei das Versprechen der Landesregierung, Oberhausen nach millionen-teuren Umbauten nur für zwei Jahre zu nutzen.
Täter seien „Wölfe in einer Schafsherde“
Die Täter seien „Wölfe in einer Schafsherde“, sie müssten zwar weggeschlossen werden, dürften aber nicht nach Oberhausen. Es gebe geeignetere Orte. Mucksmäuschenstill ist es im Saal, als die Stimme von Buttke bricht. Sie stockt, muss ein Schluchzen unterdrücken, als sie auf ihre Angst um die Kinder nahe der Anstalt zu sprechen kommt.
„Es wird nur von Tätern, nicht von den Opfern gesprochen. Was ist mit den Schutz der Menschen hier?“ Man wolle die Kinder zu selbstständigen Bürgern erziehen, ihnen Freiräume lassen, könne dies aber nicht, weil man sie aus Furcht vor den Tätern immer an die Hand nehmen müsse.
Begleitet wird ihre Rede von Zuhörern der Bürgerinitiative auf der Tribüne mit Zwischenrufen und Beifall. Es ist nach dieser emotionalen Rede für die Stadtpolitiker erkennbar nicht einfach, so nüchtern und sachlich wie möglich ihre Argumente zu nennen.
SPD, FDP, Grüne und die Linkspartei wollen die Anstalt für Schwersttäter auch nicht, sehen allerdings die realen Zwänge: Die nun frei herum laufenden Täter seien viel gefährlicher für die Bevölkerung als wenn sie in Oberhausen eingesperrt werden.
Oberhausen sei als Dauerstandort völlig ungeeignet
„Ängste sind ein schlechter Ratgeber“, sagt FDP-Fraktionschef Hans Otto Runkler. Man habe Erfahrung mit diesen Tätern. „Es ist nirgendwo weniger gefährlich als am Standort einer solchen Einrichtung.“ Wer flüchte, versuche halt, Land zu gewinnen. Oberhausen sei als Dauerstandort völlig ungeeignet, weil eine erfolgreiche Therapie dort nicht möglich sei. Deshalb werde der Betreiber, der LVR, die JVA auch nicht länger als zwei Jahre nutzen.
Daher ist sich auch SPD-Fraktionschef Wolfgang Große Brömer sicher, dass die Landesregierung ihr Versprechen realisiert, dass Oberhausen nur übergangsweise die Täter betreuen muss. Der CDU warf Große Brömer vor, wider besseren Wissens den Eindruck zu verbreiten, die Stadt habe hier einen Entscheidungsspielraum. Dies sei falsch, die Sache liege beim Land. „Und die Alternative ist, dass sich die Täter frei bewegen dürfen. Die gehören aber hinter Schloss und Riegel. Wir nehmen den Opferschutz, den Schutz der Bürger sehr ernst.“
Grünen-Ratsfrau Steffi Opitz sprach von einer „gesellschaftlichen und sozialen Pflicht, die Täter unterzubringen“. Linken-Ratsfraktionschef Dirk Paasch meint: „Auch Straftäter haben ein Recht auf menschenwürdige Unterbringung.“ Die JVA Oberhausen sei nicht als Dauer-Therapiestandort geeignet.