Oberhausen. .
Früher BSE, jetzt Dioxin - Lebensmittelskandale bekommt auch der Oberhausener Fleischer Johannes Surmann zu spüren. Sein Geschäft gibt es seit mehr als 140 Jahren. Das Erfolgsrezept: Natur. "Die Verbraucher haben sich wieder auf Qualität besonnen."
Johannes Surmann (57) überlegt kurz. Wenn das Geschäft vor mehr als 140 Jahren gegründet wurde, „waren es meine Ur-Ur-Ur-Großeltern“, die in Osterfeld den Grundstein für die Fleischerei Surmann legten. Das Unternehmen wird bereits in der sechsten Generation geführt. Eine Erfolgsgeschichte, die fortgeschrieben wird. Und das auf einem seit Jahren hart umkämpften Markt. Julian Surmann (29), eines von drei Kindern der Familie und Fleischermeister, der schon gemeinsam mit Vater Johannes und Mutter Friederike Surmann (51) den Betrieb führt, erinnert sich an die Erzählungen seiner Großeltern. „Nach dem Zweiten Weltkrieg war eine Fleischerei ein Selbstläufer“, sagt er. Natürlich kauften alle Leute dort ein. Und dann kamen die Discounter. „Nach 1945 gab es in Oberhausen rund 200 Fleischereien“, sagt Johannes Surmann. Heute seien es gerade einmal 15, von denen einige allerdings mehrere Filialen hätten. Wie viele von den 15 überleben würden, sei fraglich. Allein schon, weil es manchen Geschäften an Nachwuchs mangele.
Warum haben es gerade Surmanns geschafft, billige Discount-Ware oder Fleischskandale zu überstehen? Johannes Surmann: „Weil wir immer auf erstklassige Produkte gesetzt haben, auf Frische und den guten Kontakt zu den Kunden.“ Surmanns schicken ihre Mitarbeiter auch zu Seminaren, wo sie das Neueste kennenlernen. Eine Urkunde im Büro erinnert an einen großen Erfolg des Sohnes. Er wurde erster Sieger bei einem Wettbewerb der Handwerkskammer NRW. Damit sicherte sich Julian Surmann ein Stipendium für ein Betriebswirtschaftsstudium. So ist also der Nachfolger mit Meisterbrief und Studium bestens gerüstet.
Nur Naturgewürze
Der Vater erzählt stolz von weiteren betrieblichen Erfolgen: „Wir sind jährlich bei den Qualitätsprüfungen des Fleischerinnungsverbandes dabei.“ Für zehn Produkte gab es 2010 neun Gold- und eine Silbermedaille. So ein Goldstück ist die Osterfelder Schinken-Fleischwurst. Sie gehört zu den vielen Produkten, die bei Surmanns noch selbst hergestellt werden. „Viele Rezepte wurden über Generationen weiter gegeben“, sagt Friederike Surmann. Noch immer verwendeten sie nur Naturgewürze, keine Gewürzmischungen, keine Glutamate. Und Julian Surmann verrät sogar, was in der Schinken-Fleischwurst drin ist, die jeden Tag frisch hergestellt wird: „20 Prozent Rindfleisch, 20 % Schweinefleisch, 20 % Speck, 20 % Schweine-Backen, 20 % gecrashtes Eis für eine schöne Konsistenz, eine angenehme Saftigkeit, Nitritpökelsalz und Phosphat, um die Wurst schnittfest zu bekommen.“ Natürlich sind in der Wurst auch noch viele Gewürze und geheime Zutaten.
Apropos Veränderungen: Mit Feinkost, einem Mittagstisch und Cateringservice reagierten Surmann auf die Bedürfnisse der Verbraucher. Die Lebensmittelskandale hätten sie auch zu spüren bekommen. „Während des BSE-Skandals haben auch wir kaum noch Rindfleisch verkauft“, so Julian Surmann. Doch die Skandale seien für Fleischereien auch eine Herausforderung und Chance gewesen. „Plötzlich waren die billigen Preise im Supermarkt nicht mehr das Wichtigste, die Verbraucher haben sich wieder auf Qualität besonnen.“
Um den Stadtteil zu stärken, planen Surmanns nun ein besonderes Projekt – was, das bleibt vorerst ein Geheimnis.
Nicht geheim dagegen: Bei den Adventsaktionen für karitative Einrichtungen in Osterfeld stifteten Surmanns eine Tonne Grünkohl, wurden 1000 Jubiläumsfleischwürste und ein Schlemmerbuffet für 20 Personen verlost. „Helfen, schlemmen & gewinnen“ unter diesem Motto standen Adventsaktionen der Osterfelder Fleischerei Surmann, die im vergangenen Jahr ihren 140. Geburtstag feierte. Die Aktionen: Bezirksbürgermeister Karl-Heinz Pflugbeil stand am Grill, RWO-Coach Hans-Günter Bruns brachte zu einer Autogrammstunde RWO-Präsident Hajo Sommers mit und die Spieler. Altbürgermeisterin Gretel Kühr kam mit den Hobbysingers. Bei den Aktionen kamen Spendengelder in Höhe von jeweils 1000 Euro für die Schillerschule, den Osterfelder Bürgerring, die Kurbel und das Hospiz zusammen.