Normalerweise geht man in Königshardt mit der Zeit.
Doch ein Blick am Samstagabend in die ausverkaufte Halle vermittelte einen anderen Eindruck: „Schatz, dann können wir ja noch bleiben!“ Die große Wand-Uhr der Turnhalle zeigte sich zickig – und den Gästen die Zeit vier Stunden verspätet an. Tic, Tac, Toe?
Die Prunksitzung der 1. KG Königshardt trat den Beweis an, dass Stimmung häufig etwas mit Stimme zu tun hat. Kaum hatte Imitatorin Ulrike Oostermann Rickys Popsofa aufgestellt, setzten die Besucher ihre Feierlaune klatschend und schunkelnd im Stehen weiter. Die Hamburgerin wechselte die Stimme, wie andere ihre Klamotten: Tiefe Stimmlagen eines Louis Armstrong, schlaksige Null-Bock-Akustik einer Nena – kein Problem. Gänsehaut bei Whitney Houstons Hit „I will always love you“, den Houston selbst wohl mittlerweile nicht mehr so sauber hinbekommt. Ovationen!
Redner Edno Bommel hatte den Prunkreigen eröffnet, sich beim „Aufbau West“ aber ein wenig verhoben. Der einzige Mann, der noch eine DDR-Rente bezieht, weil ihm beim Mauerfall ein Stück auf die Füße gefallen ist, hatte es als Eisbrecher schwer. Dabei müsste er aus dem Osten des Landes anderes gewohnt sein, meinte er doch: „Königshardt ist im Vergleich zu Berlin ein Streichelzoo.“
Immer lautstark gefordert: die Eigenleistungen der Hardter Gesellschaft. Die Tanzgarden zeigten von Klein bis Groß wie Jugendarbeit im Karneval aussehen muss. Dabei erweckten sie beim Showtanz selbst Michael Jackson zum Leben und reisten als „Minis“ um die Welt. Die Elferratsshow zeigte, welche Superstars dem Land vorenthalten wurden. Die Aktiven malten sich als Rocker Tattoos auf die Arme und zeigten begnadete Körper beim Riverdance.
Jörg Lara ließ seine Puppen aus dem Bauch heraus reden, De Botzedresse bliesen den Gästen mit vier Trompetern und Kölschen Hits ordentlich den Marsch. Der Stargast des Abends schloss die Hütte dann ab: Achim Petry, Sohn von Wolfgang Petry, verschenkte „Bronze, Silber und Gold“ und konstatierte gleich: „Das ist Wahnsinn!“ Auch ohne Armbänder der Freundschaft, Wuschelfrisur und Schnauzbart hatte der Sänger im Batman-Shirt die Halle so fest im Griff, wie einst sein Vater. Da angelten sich die Gäste schnell einen Tanzpartner. Petry Heil auf der Hardt!
Interview mit Achim Petri
Er hat die Nachfolge seines Vaters angetreten: WAZ-Mitarbeiter Dirk Hein sprach mit Sänger Achim Petry in Königshardt über Dschungel, Karneval und den Familienbetrieb.
Herr Petry, sind Sie gut gerüstet für den Karneval?
Petry: Ich denke schon. Hier sagt man ja Helau und nicht Alaaf. Daran muss ich mich erst noch gewöhnen.
Sie haben vor drei Jahren den Titelsong für das Dschungelcamp geschrieben. Würden Sie dort selbst gerne mitmachen?
Ich würde nicht ins Dschungelcamp gehen. Die Selbsterfahrung und die Prüfungen mache ich für mich selbst. Außerdem habe ich zwei Kinder – das ist der größte Dschungel für mich.
Sie singen die Lieder ihres Vaters Wolfgang. Wer ist Ihr Publikum?
Bei meinen Konzerten steht immer noch die gleiche erste Reihe wie bei meinem Vater. Das ist ein gutes Gefühl. Man kann das nicht eingrenzen: Es sind jüngere und ältere Leute. Es ist spannend, 14-, 15-Jährige zu sehen, die die Musik meines Vater kennen, aber erstmals live hören, weil sie zur Zeit seines letzten Konzertes noch zu jung waren.
Werden Sie oft mit ihrem Vater verglichen?
Ich singe seine Lieder, da bleibt das nicht aus. Aber es nervt mich nicht. Er ist ja jetzt in Rente und bei meinen Auftritten nicht dabei. Wir arbeiten beim Schreiben neuer Texte noch zusammen.
Wird Wolfgang Petry noch mal auf einer Bühne stehen?
Mein Vater hat damals einen Schlussstrich gezogen. Er hält sein Wort. Ich respektiere das und würde ihn niemals fragen.