Oberhausen. .

Zum ersten Mal seit 2008 überschritten die Spritpreise wieder die 1,50-Euro-Marke. Für immer mehr Oberhausener ist das ein Grund, öfter auf das Auto zu verzichten. Tankstellen klagen über Umsatzeinbußen.

Chris Jansen muss immer häufiger verzichten. Auf seinen roten Polo, knapp 15 Jahre sei der Pkw alt und habe ihm stets gute Dienste erwiesen. „Irgendwann ist aber Schluss.“ Irgendwann? Nein, jetzt: bei 1,519 Euro für den Liter Superbenzin. Der 34-jährige Jansen ärgert sich gemeinsam mit den rund 54 Millionen anderen Autofahrern des Landes über die gestiegenen Kraftstoffpreise. Zuletzt waren sie 2008 über die Marke von 1,50 Euro geklettert, als die Rohölpreise enorm hoch waren. Das soll auch diesmal der Grund sein. Jansen zuckt mit den Schultern: „Was auch immer, bis die Preise sinken, werde ich das Auto nur für den Arbeitsweg nutzen.“

Tanken nur noch wenn es wirklich notwendig ist

An der Jet-Tankstelle in Sterkrade ist er damit nicht allein. Die Fahrer murren, viele verzichten, weil sie müssen, keiner hat Verständnis für die „Abzocke“, so eine junge Frau. Die Preisabstände zwischen Diesel und Benzin werden immer geringer, viele glauben, der normale Sprit würde teuerer, um Kunden damit für den neuen und preisstarken Kraftstoff Super E10 mit erhöhtem Biosprit-Anteil zu begeistern. So oder so, Heinz Horschig (80) sagt, er tanke nur noch, wenn es notwendig ist, suche vorher nach dem günstigsten Preis. „Lieber würde ich Fahrradfahren, das ist in meinem Alter aber nicht so einfach.“

Jakob Balackis Opel Astra ist fast so alt wie er, der 20-Jährige fährt den schwarzen Kleinwagen gerne, aber immer seltener: „Von meinem Gehalt als Azubi kann ich mir ihn kaum noch leisten.“ Für 10,06 Euro hat er den Pkw heute an einer freien Tankstelle an der Teutoburger Straße aufgefüllt, knapp sieben Liter sind dabei herumgekommen. „Länger hätte ich nicht warten können, ich bin auf Reserve gefahren.“

Auch freie Tankstellen haben Preise angezogen

Sind die freien Tankstellen auch meist wenigstens einen Cent unter dem Preis der großen Ketten, mussten auch sie in der vergangenen Woche anziehen: Bis Donnerstagabend gab es bei Dieter Weiß, Pächter der Tanke an der Teutoburger Straße, den Liter Benzin für 1,479 Euro, nun steht auch auf seiner Preistafel eine Fünf hinter dem Komma. „Es kommen nicht weniger Kunden, dafür wird für weniger Geld getankt“, so Weiß. Der 53-Jährige schätzt, dass er seit der kontinuierlichen Spritpreissteigerung in diesem Winter von 1,389 Euro auf nun über 1,50 Euro rund 40 Prozent an Umsatz einzubüßen hatte. Was hilft da? „Nicht viel, Serviceangebote vielleicht. Eine defekte Birne baue ich auch mal kostenlos ein.“

Gabi Klöttschen hat sich ihr Spritgeld für den Monat in einen Briefumschlag gesteckt, bezahlt wird also nur bar und aus einem vorher festgelegten Budget. 100 Euro sind noch im Umschlag. „Ich habe heute für 25 Euro getankt. Ist ja erst Mitte Januar.“ Alternativen, etwa ihr Auto auf Gasantrieb umzustellen, sieht die 58-Jährige nicht: „Das ist mir zu teuer.“

Nicht jeder achtet aufs Geld: Bei Aral kostet der Liter Super 1,529 Euro, der Senior an Zapfsäule fünf tankt aber sogar Super Plus für knapp unter 1,60 Euro pro Liter. Die Mittvierzigerin zwei Säulen weiter erklärt schulterzuckend, dass sie nicht aufs Auto verzichten wolle: „Der Wagen verbraucht ja nicht viel.“

Karin Fingskes findet das keine Lösung: Die 66-Jährige hat zwar einen Pkw, ihre Einkäufe erledigt sie heute aber mit dem Fahrrad. „Bei diesen Preisen“, sagt Fingskes, „ist man doch froh über jedes Mal, wenn man den Wagen zu Hause stehen lassen kann.“

Weitere Preissteigerungen zu erwarten: Bundeskartellamt prüft Abzocke

Am Sonntag sanken die Benzinpreise an manchen Tanken in unserer Stadt schon wieder auf 1,479 Euro pro Liter. Damit ist der Sprit aber immer noch rund 30 Cent teurer als Anfang 2009. Norbert Walter, ehemaliger Chefvolkswirt der Deutschen Bank, erklärt: „Ich halte es für unrealistisch, dass die Spritpreise in diesem Jahr weit unter die Marke von 1,50 Euro fallen.“ Grund sei der hohe Rohölpreis. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung geht von einer Verdreifachung der Benzinpreise bis 2018 aus. Ärgerlich für viele Kunden sind die sogar stündlichen Preisschwankungen mancherorts. Das Bundeskartellamt prüft derzeit u.a. in Köln, ob Autofahrer gezielt abgezockt werden.