Man hätte eine Nadel fallen hören, so still war es im Klassenraum. Der Geschichts-Leistungskurs aus der Jahrgangsstufe 13 der Heinrich-Böll-Gesamtschule war sichtlich beeindruckt. Die Jugendlichen hatten die einmalige Gelegenheit, einen Zeitzeugen des 2. Weltkriegs nach seinen Erlebnissen fragen zu können: Andries Ter Brugge. Von 1943 bis 1945 hat er unfreiwillig in Oberhausen gelebt und gearbeitet. „Diese Zeit hat mein Leben sehr verändert“, sagt er

Hilfe stand unter Strafe

„Es hat eine Zeit gegeben, da habe ich gehasst“, erzählt er, wie er empfand, als er nach Deutschland verschleppt wurde. „Aber die Leute, die das getan haben, haben nur im Auftrag gehandelt. Die meisten Holländer wollten keine Helden sein, und die meisten Deutschen eben auch nicht.“ Denn wer Zwangsarbeitern half, riskierte, hart bestraft zu werden. Dennoch habe man ihm ab und zu ein Butterbrot zugesteckt, oder ihm zu verstehen gegeben „dass ich auch ein Mensch war.“

Als Niederländer sei er , im Gegensatz zu Zwangsarbeitern aus Russland oder Südeuropa, den deutschen Mitarbeitern zumindest in der Theorie gleichgestellt worden. In der Praxis war die Versorgung wesentlich schlechter, und er musste sich hüten, auf der Straße als Zwangsarbeiter erkannt zu werden. „Doch wir Holländer sind frech“, sagt er mit einem Augenzwinkern, denn ab und zu hat er dennoch heimlich Ausflüge unternommen. So habe er „viel gesehen, was ich sonst nicht erlebt hätte“, wie zum Beispiel Russen beim Kosakentanz, an die er sich noch heute erinnert. Einer von wenigen schönen Momenten.

Worte als Waffen

Doch es gibt auch erschreckende: Er erinnert sich auch daran, wie er und alle anderen Mitarbeiter gezwungen waren, sich Goebbels berühmte Rede vom 18. Februar 1943 anzuhören. Bei der Stelle „Wollt Ihr den totalen Krieg“ habe Ter Brugge sich, so wörtlich, „anhalten müssen, nicht mitzuschreien“, so charismatisch sei der Auftritt gewesen. „Hitler war ein krimineller Idiot, das wusste ich“, erzählt er, dennoch „das Wort kann eine gefährliche Waffe sein“, besonders wenn es auf einen schwachen Charakter treffe.

Zu schnell war die Schulstunde vorbei, und eine Schülerin sprach für alle: „Das mit der Zwangsarbeit kommt oft im Unterricht zu kurz. Vielen Dank!“

Ter Brugges Erinnerungen sind auch Teil der Ausstellung, die morgen ab 16 Uhr im Schloss Oberhausen beginnt.