Rund 100 Ökologie-Experten der NRW-Grünen trafen sich am Samstag in der Luise-Albertz-Halle. Unter ihnen: NRW-Umweltminister Johannes Remmel (Grüne), der mit WAZ-Mitarbeiterin Stephanie Weltmann über Erfolge, Kosten und Chancen im regionalen Klimaschutz sprach.
Willkommen in einer der dreckigsten Regionen NRWs: Die Feinstaubwerte zwischen Duisburg und Essen sind alarmierend. Was läuft falsch?
Das Problem sind nicht nur die Feinstaubwerte, sondern auch Stickoxide, die vor allem auf den Verkehr zurückzuführen sind. Deshalb überarbeiten wir derzeit die Luftreinhaltepläne. Eine einheitliche „Umweltzone Ruhr“ würde die Situation verbessern, außerdem müssen wir verstärkt mit Verboten arbeiten und den ÖPNV ausbauen.
Das sagen Sie einer finanzschwachen Kommune, in der das Liniennetz verschlankt werden muss. Wie passt das?
Gar nicht. Hier ist der Bund gefragt: Allein mit den Millionen, die für Stuttgart 21 verpulvert werden, könnten wir in NRW das vierfache an Leistung erbringen. An den Knotenpunkten Köln und Dortmund haben wir Probleme, die sich auf den ÖPNV in der Fläche auswirken. Deshalb brauchen wir rund eine halbe Milliarde Euro, um eine bessere Infrastruktur zu schaffen.
Zahlen sollen auch die Bürger: einen höheren Strompreis. Begründung: die Belastung durch erneuerbare Energien.
Das ist eine Mär der großen Energieversorger. Der Strompreis ist an den Handelsbörsen gesunken, die Versorger geben das nur nicht an den Kunden weiter. Das ist ein kartellrechtliches Problem. Wir müssen hier den Verbraucherschutz stärken. Aber wichtig ist auch, dass wir das Energiesparen voranbringen müssen.
Braucht Oberhausen eine lokale Klima-Allianz?
Die Kommunen können im Verbund am meisten erreichen. Bei der Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundlicher Städte hat man gesehen, wie gut das funktioniert. Oberhausen ist dort eingebunden und sollte es auch beim Thema Klima sein – auch mit einer lokalen Klima-Allianz. Wir erleben doch gerade, dass es auf weltpolitischer Ebene zu keinem einheitlichen Klimaschutz kommen wird, deshalb muss das von unten wachsen.
Geht das im Kleinen besser?
Der internationale Konsens ist wichtig, viel hat sich getan, aber nicht genug. In der Zwischenzeit dürfen wir nicht untätig sein: So gibt es Prognosen, nach denen bald mehr Menschen in der Umweltwirtschaft arbeiten als in der Chemie- und Automobilsparte. Ich will, dass diese Arbeitsplätze bei uns entstehen.
Die aktuelle Debatte zeigt: Ein einheitliches Klimakonzept bekommen wir nicht mal für die BRD hin. Erneuerbare Energien gefordert, AKW-Laufzeiten verlängert.
Die Bundesregierung geht von einem 40-prozentigen Anteil erneuerbarer Energien an der Stromversorgung im Jahr 2020 aus. Es wird dann Zeiten geben, in denen Strom nur daraus gewonnen wird. Die Lücken dürfen nicht mit Hilfe der Atom- oder Kohle-Kraftwerke gefüllt werden. Wir setzen auf Kraft-Wärme-Kopplung. Oberhausen ist hier gut dabei.
Apropos EVO: Was sagen Sie zum Steag-Deal?
Die Möglichkeit, die abgeschriebenen Kraftwerksstandorte, die die Steag mitbringt, mit modernen Kraft-Wärme-gekoppelten Gaskraftwerken neu zu bauen, ist verlockend. Die Frage ist aber: Kann man mit Blick auf die zweite Tranche den Deal finanziell stemmen. Ich bin skeptisch und würde zur Absicherung über einen privaten Versorger raten.
Info: 250 000 Beschäftigte in Umweltwirtschaft
Beim Experten-Treffen lobten die Grünen einige Vorzeigeprojekte in der Region, mit denen der Ausbau regenerativer Energien vorangetrieben wurde. Oberhausen ist nicht in dieser Riege, Grünen-Landesvorsitzende Monika Düker lobte aber unser Biomassekraftwerk und erinnerte ans Wachstumspotenzial der Umweltwirtschaft. Landesweit arbeiten rund 250 000 Menschen in diesem Sektor. Sie erwirtschaften einen jährlichen Umsatz von rund 45 Milliarden Euro.