Oberhausen. .
Als Nele auf die Welt kam, wurden ihre Eltern Pastoren: 25 Jahre ist es her, da traten Ilona Schmitz-Jeromin (54) und Randolf Jeromin (55) gemeinsam eine Pfarrstelle in der Christuskirche an.
Am morgigen Sonntag, 5. Dezember, werden die beiden Theologen das in der Mitte ihrer Gemeinde feiern – heute sitzen sie noch am Rand des Geschehens: An einem mächtigen Holztisch in der hinteren Ecke des Gotteshauses spricht das Paar über die vergangenen zweieinhalb Jahrzehnte. „Eine tolle Zeit“, resümiert Ilona Schmitz-Jeromin.
Dabei ist sie eher zufällig Pfarrerin geworden: Eigentlich wollte die gebürtige Wuppertalerin an einer Förderschule arbeiten, bekam aber keinen Studienplatz und wählte stattdessen Theologie. An der Universität in Göttingen lernte sie 1977 ihren heutigen Mann kennen, jemanden, der sich seiner Studienwahl sehr sicher war. „Wenn man einmal anfängt die Bibel zu lesen, lässt sie einen nicht mehr los.“
1982 haben beide ihr Examen gemacht, sie ging nach Holten, wo sie ihr Vikariat absolvierte, während er seines in der Friedenskirche in Sterkrade machte. Dort traf Randolf Jeromin auf den 2006 verstorbenen Pfarrer Adolf Agel: „Er hat mich inspiriert, wurde mein Mentor.“ Während seines einjährigen Hilfsdienstes arbeitete der gebürtige Essener in Alstaden für den damaligen Superintendenten Walter Deterding, seine Frau war bereits in der Christuskirche aktiv – und lernte ihre Mitglieder kennen: Eine Gemeinde in der Innenstadt sei von Grund auf besonders, die Strukturen offen, die Fluktuation hoch. „Die Arbeit mit den Jugendlichen hat mich besonders berührt“, sagt Schmitz-Jeromin. Sie leitet noch heute den Konfirmanden-Unterricht, kannte ihn vorher aber nur aus „behüteten Häusern“, wie die 54-Jährige sagt. „Innenstadt ist ein anderes Pflaster. Wenn man die
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Hintergründe so manches Kindes kennt, denkt man schon: Toll, dass er überhaupt noch kommt.“
Beim Einführungsgottesdienst vor 25 Jahren spielten die Jeromins die Geschichte von Jona nach, dem jungen Mann, der erst Einsicht zeigte, nachdem er von einem Wal verschlungen worden war. Lebendig war die Andacht, das haben die Gemeindemitglieder zu schätzen gewusst. „Die folgenden Gottesdienste wurden lockerer, Kinder kamen mit - auch zum Abendmahl“, so ein Gemeindemitglied auf der Internetseite der Christuskirche. „Nicht nur ich hatte damals das Gefühl, dass unser Miteinander leichter und offener wurde.“
Mit Musik haben die Jeromins viel erreicht: Es gibt mehrere Chöre in der Gemeinde, Ilona Schmitz-Jeromin hat zwei Revuen geschrieben. „Musik bricht Menschen auf. Sie gehen aus sich heraus, das erfüllt mich jedes Mal mit Freude.“ Die Kinder- und Jugendarbeit, einmal tatkräftig aufgebaut, hat das Paar vor sechs Jahren an andere abgegeben. Stattdessen konzentrieren sich die Jeromins auf die kulturelle Öffnung ihrer Kirche: In diverse Ruhr-2010-Projekte waren sie eingebunden, engagieren sich im Netzwerk Bürgerschaftliches Engagement und halten Gottesdienste mit der Aidshilfe ab. Am Tag der offenen Kirche brachten sie Wissenschaftler und Theologen an einen Tisch, luden zu Friedensgebeten ein und beziehen immer wieder Stellung zu Fragen der Asyl- und Weltpolitik. Ganz nebenbei haben sie ihre Kinder großgezogen: Die kleine Nele ist heute 25 und hat drei Geschwister.
Die Gemeinde zu verlassen, das ist für das Pastorenpaar keine Option. „Hier wird es nie langweilig.“ Die Arbeit aber mehr: Aus vier Pfarrstellen für 8000 Gemeindemitglieder wurden zwei für 6000, die Stellen der Gemeindeschwester und -helfer wurden außerdem gestrichen. „Man merkt, dass die Arbeit auf weniger Schultern lastet“, sagt Randolf Jeromin. Deshalb sei die Mithilfe der Ehrenamtlichen so wichtig: „Wir haben viele konfessionslose Ehrenamtliche und Menschen anderer Glaubensrichtungen, die bei uns aktiv sind. Jeder darf sagen und denken, was er will.“ Die Rolle des Protestantismus in der Innenstadt wollen er und seine Frau in Zukunft weiter stärken.