Oberhausen..
In dieser Woche wechselte SPD-Ratsherr Frank Motschull (49) die Seiten und trat seinen Dienst im Rathaus an. WAZ-Redakteur Thomas Schmitt sprach mit dem neuen Beigeordneten für Bürgerservice, öffentliche Ordnung und Umwelt.
Ihr Vorgänger, CDU-Mann Dirk Buttler, wollte Oberbürgermeister werden. Ist die Position des Beigeordneten für Sie nur ein Vorspiel?Es scheint ja eher unwahrscheinlich, dass Ihr Parteifreund Klaus Wehling 2015 als dann 68-Jähriger noch einmal antritt.
Frank Motschull: Ich würde nicht sagen, dass Klaus Wehling nicht mehr kandidiert. Ich habe den Eindruck, dass er zurzeit mehr Spaß an seiner Arbeit hat als in seiner ersten Amtszeit. Ich jedenfalls kann mir nicht vorstellen, Oberbürgermeister zu werden.
Sie sind im Sommer gewählt worden, hatten also ausreichend Zeit, sich auf ihren neuen Job vorzubereiten. Legen Sie nun los wie die Feuerwehr, die ja zu ihrem Aufgabenbereich gehört?
So viel Zeit hatte ich gar nicht. Ich war bis Mitte November in der Sozietät beschäftigt. Es lagen also nur zehn Tage zwischen meiner Tätigkeit als Anwalt und dem Start hier im Rathaus.
Ihre Erfahrungen mit dem Dezernat, das Sie jetzt leiten, ist dennoch groß, seit 1999 waren Sie Mitglied des Rates. Also, welche Baustelle gehen Sie zuerst an?
Eine der ersten ist in der Tat die Feuerwehr. Es gibt ein Gutachten im Hinblick auf Einsätze, Stundenzahl, Schichten und bezüglich der Personalstärke. Erste Entscheidungen soll die Politik bereits im Januar/Februar treffen.
Was werden Sie vorschlagen?
Das 24-Stunden-Schichtsystem soll auf jeden Fall bleiben, das wird von der Feuerwehr ja so gewünscht. An der Personalstärke wird sich aber nichts ändern, diese reicht aus, um den Brandschutz zu gewährleisten. Wir werden außerdem Aufgaben in das Wochenende verschieben. Samstags und sonntags sind die Feuerwehrleute nicht so ausgelastet wie an normalen Werktagen.
Eine Maßnahme aus dem dürftigen Sparpaket 2010 war das Aufstellen von zusätzlichen Starenkästen. Werden Sie das forcieren?
Die Grundlage für zusätzliche Radarfallen kann nicht das Ziel sein, höhere Einnahmen zu erzielen, sondern es muss ausschließlich sachlich begründet sein. Häufige Verstöße gegen die Verkehrsordnung, zum Beispiel. Höhere Einnahmen sind eher ein Nebeneffekt, den man auch gegenüber der Bezirksregierung erwähnen kann.
Ist Oberhausen eine sichere Stadt?
Ich halte Oberhausen für eine sichere Stadt. Das zeigen alle Statistiken, die uns vorliegen. Das subjektive Empfinden mag bei manchen Bürgern anders sein. Das hat mit Lebenssituationen oder dem Alter zu tun. Bei der Überwachung des öffentlichen Raumes könnte ich mir aber Plätze vorstellen, zum Beispiel den Bahnhof, die wir ähnlich wie die Busse der Stoag mit Videokameras ausrüsten.
Dezernent Jürgen Schmidt hat kürzlich verfügt, dass die Rathaus-Mitarbeiter telefonisch erreichbar sein müssen. Es gab massive Bürgerbeschwerden. Haben Sie das veranlasst?
Nein, da muss es im Vorfeld Ärger gegeben haben.
Wie wollen Sie so etwas künftig verhindern?
Bürger sollen sich, wenn Störungen auftreten, rechtzeitig melden und umfassend berichten. Die Dinge müssen bekannt sein. Wut darf sich erst gar nicht aufbauen.
Ist der Bürgerservice in Oberhausen gut aufgestellt?
Die Ergebnisse unserer regelmäßigen Umfragen sind positiv. Der erste Ausreißer, den ich wahrgenommen habe, war das Thema Nicht-Erreichbarkeit. Im Verhältnis zu anderen Städten sind wir sehr gut aufgestellt. Wir haben Servicestellen in Alt-Oberhausen, Osterfeld und Sterkrade.
Wird die Stadt sich diesen Service künftig noch leisten können? Der Besuch der Regierungspräsidentin in dieser Woche hat deutlich gemacht, dass Oberhausen seine Ausgaben stark zurückfahren muss.
Eine mögliche Reduzierung im Bereich Bürgerservice war in Sparrunden immer ein Thema. Das habe ich im Rat erlebt. Ich erwarte mir vom Zensus 2011 wichtige Hinweise. Wir gehen davon aus, dass die Einwohnerzahl nach unten korrigiert wird. Das kann dazu führen, zumindest aus Sicht der Verwaltung, über die Strukturen neu nachzudenken. Das gilt auch für Kindergärten und Schulen.
Es gibt immer wieder Ärger mit der Fledderei beim Sperrmüll. Wollen Sie das Thema anpacken?
Wir werden den Stein der Weisen nicht finden. Wir müssen vielleicht deutlicher darauf hinweisen, dass Bürger jederzeit unentgeltlich am Wertstoffhof Sperrmüll abgeben können. Die Anzahl der Sperrmüllhaufen in der Stadt könnte so geringer werden.
Bürger ärgern sich auch häufig über verdreckte und mit Unkraut bewachsene Verkehrsinseln oder schlecht gepflegte Grünstreifen. Was dürfen diese von Ihnen erwarten?
Eine bessere Verzahnung der Arbeit unserer städtischen Gesellschaften WBO und OGM. Verkehrsinseln und Straßenrandbegrünung liegen in unterschiedlichen Zuständigkeiten. Das ist eine merkwürdige Konstruktion. Das könnte man in der Tat besser absprechen.
Wie erklären Sie den Bürgern, dass Abfall vermeiden und weniger Müll zu höheren Gebühren führt?
Die jetzige Gebührenerhöhung hat ihre Ursache im Jahr 2000. Damals schrieb die Müllverbrennungsanlage GMVA deutlich Miese. Die Städte Duisburg und Oberhausen haben sich daher entschieden, Anteile zu privatisieren. Der Gebührensprung für 2011 ist seinerzeit festgeschrieben worden – und zwar mit 40 Prozent. Jetzt sind es nur 15 Prozent geworden. 7,6 Prozent hört sich viel an, es sind aber nur ein bis zwei Euro pro Monat.
Die Bezirksregierung hat signalisiert, dass die Stadt nicht wie geplant 35 Auszubildende einstellen darf. Mindestens zehn Plätze sind strittig. Werden Sie raten, erneut gegen die Bezirksregierung zu klagen?
Das hängt von der Begründung ab. Ist diese schlüssig, werden wir natürlich keine Klage empfehlen. Die Kommunalaufsicht bleibt bei ihrer Haltung, dass wir nicht ausbilden dürfen, wenn wir stattdessen Kräfte vom freien Markt nehmen können. Das ist aber kein Vergleich zu dem Verfahren, das Sie aus der Vergangenheit kennen. Damals gab es ein generelles Ausbildungsverbot. Es ging also, ähnlich wie bei dem Thema Kita-Gebühren, im Kern um die Frage der kommunalen Selbstverwaltung. Wenn man diese völlig aushöhlt, kann man die Kommune ja gleich zumachen.
Erläutern Sie unseren Lesern Ihre Motivation als Selbstständiger unters Dach der Stadt zu schlüpfen.
So ganz unselbstständig arbeite ich hier ja auch nicht. Nach 20 Jahren als Anwalt und elf Jahren im Rat liegt der persönliche Reiz für mich darin, beides zusammenzuführen.