Bei Dr. Gregor Gahlen findet an diesem Tag eine Sprechstunde der besonderen Art statt. Der Oberhausener Mediziner hat Patienten in seine Praxis an der Mülheimer Straße eingeladen, Erwachsene wie Kinder, die an den unterschiedlichsten Krankheiten litten.

Die jedoch samt und sonders, so die Überzeugung des Arztes, auf eine Ursache zurückzuführen waren: „Nitrosativer Stress“ oder auch Mitochondriopathie ist das, was Gahlen als Wurzel aller Ursachen chronischer Erkrankungen ins Feld führt.

Der Mediziner steht mit seiner Überzeugung nicht alleine da. In einem Aufsatz des Bamberger Internisten und Umweltmediziners Dr. Wolfram Kersten ist nachzulesen, was unter nitrosativem Stress zu verstehen ist und warum er gerade in den letzten Jahrzehnten die Ursache chronischer Krankheiten ist, deren Spannbreite von Diabetes über das chronische Müdigkeitssyndrom oder ADHS bis hin zu Krebs reicht.

Auch der 48-jährige Mann, der in Gahlens Sprechzimmer seine Geschichte erzählt, ist Opfer jener tückischen Vorgänge in den Zellen des Körpers geworden, die bei ihm neben vielen anderen Störungen zu schweren Depressionen und schließlich einer langen Arbeitsunfähigkeit führten. Bis Gahlen ihn behandelte und sein Zustand sich erheblich verbesserte.

Was ist nun nitrosativer Stress? In jeder Zelle des Körpers gibt es zwischen 100 und 10 000 kleine Kraftwerke, die Mitochondrien. Diese Kraftwerke produzieren einen Stoff, Adenosintriphospat (ATP), eine Grundenergie, die eine Muskelzelle fähig macht, Kraft zu entwickeln, eine Drüsenzelle befähigt, Hormone herzustellen oder eine Nervenzelle, Informationen weiterzuleiten. Als nitrosativen Stress bezeichnet man nun, wenn etwa durch Infektionen, kohlenhydratlastige Ernährung, Umweltgifte oder schwere psychische und physische Belastungen vermehrt Stickstoffmonoxid (NO) im Körper entsteht, das die komplizierte Produktion von ATP hemmt. Was dann passiert, wenn diese Grundenergie plötzlich fehlt, kann man sich vorstellen, der Mensch macht schlapp. Er wird krank.

Das tückische an der Mitrochondriopathie ist, dass die kleinen Kraftwerke des Körpers eigenes Erbmaterial besitzen. Ist das erst geschädigt, können mitochondriale Schäden von Müttern auf ihre Kinder vererbt werden. Dies erklärt, laut Kersten, die drastische Zunahme chronischer Zivilisationserkrankungen.

Dr. Gahlen hatte viele seiner Patienten getestet. Nitrosativen Stress kann man anhand von Abbauprodukten im Urin feststellen und der Mangel an Vitalstoffen, die in den Zellen fehlen, wird direkt in der Zelle nachgewiesen. „Herkömmliche Laboruntersuchungen versagen“, so Gahlen. Selbst wenn im Blut kein Mangel an einem bestimmten Vitamin oder Mineral nachweisbar ist, könne dieser in der Zelle selbst eklatant sein.

Wie sich herausstellte, litten viele der Menschen an der Mitochondriopathie, die bei allen zu ganz unterschiedlichen Krankheitssymptomen führte und mit einer Ernährungsumstellung und oder der Gabe von Vitalstoffen behoben oder gelindert werden konnte.

Patienten, die Dr. Gregor Gahlen behandelte, erzählen:

Da ist etwa die Mutter, deren Tochter an ADHS litt und die schon zur Sonderschule sollte. Das Mädchen bekäme jetzt richtig gute bis sehr gute Noten, freut sich die Mutter.

Da ist der 54-jährige, bei dem eine chronisch-lymphatische Leukämie festgestellt wurde, dessen Werte sich deutlich verbessern. Oder die junge Frau (24), die ihr halbes Leben wegen Panikattacken in psychiatrischen Kliniken verbrachte, was sie um Schulabschluss und Ausbildung brachte. Seit sie u.a. Vitamin B12 hoch dosiert erhält, das, wie bewiesen, in gravierendem Maße in den Zellen fehlte, hatte sie keine einzige Attacke mehr. Und bei einer 47-Jährigen wurde plötzlich Diabetes festgestellt. Ärzte verordneten der Frau sofort Insulin. „Ein Fehler“, wie Gahlen findet. Denn mit einer Ernährungsumstellung auf kohlenhydratarme Kost und entsprechenden Vitalstoffen normalisierten sich die Werte der Frau — ohne Medikamente.

Wenn es doch oft so einfach sein könnte, kranken Menschen zu helfen, warum lässt man die neuen Erkenntnisse der molekularbiologischen Forschungen dann dennoch meist außen vor? „Die Pharmaindustrie hat eine starke Lobby“, sagt Gahlen. Sprich, an einem gesunden Menschen würde sie nichts verdienen. Der Bamberger Arzt Dr. Wolfram Kersten schreibt dazu: „Dass die Medizin dieses Wissen nicht umsetzt, ist nicht im Geringsten nachzuvollziehen und nur dadurch zu erklären, dass dieses System von der Pharmazeutischen Industrie so gesteuert ist, dass sich die Behandlung der Patienten auf symptomorientierte Maßnahmen reduziert, anstatt an die Quelle der Erkrankung zu gehen.“ Dr. Gahlen hat dann auch gleich noch eine Tabelle parat, auf der nachzulesen ist, welche Medikamente zu welchen Vitalstoffdefiziten führen. Paracetamol etwa ist ein Räuber aller B-Vitamine. Oder: Antidepressiva rauben Vitamin B2 und B5. Gahlen spricht von einem Teufelskreislauf, der so entstehen könne und einen langjährigen mitochondrialen Schwelbrand unterhält. Der Mensch, der krank wurde, weil ihm Vitalstoffe fehlen, würde durch die Behandlung mit den klassischen Medikamenten womöglich noch kränker.

Wie in dem Aufsatz von Dr. Wolfram Kersten nachzulesen ist, seien Nahrungsergänzungsmittel nach vorliegenden Urteilen des Bundesgerichtshofes dann als Arzneimittel anzusehen, wenn sie zu therapeutischen Zwecken eingesetzt werden müssten. Demnach müssten die Kosten dafür sowohl von den gesetzlichen als auch den privaten Versicherungen erstattet werden. Sowohl der Medizinische Dienst im Bereich der gesetzlichen Krankenkassen, als auch die so genannten „Ärztlichen Berater“ der Privatversicherer gingen über diese eindeutigen gesetzlichen Vorgaben einfach hinweg, heißt es bei Dr. Kersten.