Oberhausen. .

Es wird geraucht, gekifft und auf die Wände gekritzelt: Um auf Oberhausens Schulklos für Ordnung zu sorgen, haben einige Schulleiter Klofrauen eingestellt und bitten die Eltern der Schüler dafür zur Kasse. Die Politik will das verbieten.

Die Bezirksregierung kümmert sich um die große Politik, aber auch um die kleinen, dringenden Geschäfte: um Schultoiletten zum Beispiel – und darum, wie auf den stillen Örtchen für Sauberkeit gesorgt wird.

Die Bezirksregierung verbietet den Schulen, Gebühren zu erheben und davon eine zusätzliche Putzfrau zu bezahlen, die sich speziell um die sanitären Anlagen kümmert. Diesen Weg gehen nämlich immer mehr weiterführende Schulen in Oberhausen, damit die Klos nicht nach der ersten großen Pause wieder versiffen. Ein Besuch am Bertha-von-Suttner-Gymnasium.

Renate Volkmuth kennt ihre Pappenheimer. Foto: Lars Fröhlich
Renate Volkmuth kennt ihre Pappenheimer. Foto: Lars Fröhlich

„Ich war hier“, steht an der Klotür der Mädchen. Und Liebeserklärungen für den Jungen aus der Oberstufe. Sie lassen sich nicht so leicht entfernen, Reinigungskraft Renate Volkmuth hat schon alles versucht. Dass sie hier arbeitet, geht auf eine Elterninitiative zurück. Sie wollte nicht mehr hinnehmen, dass ihre Kinder während der Schulzeit nicht zur Toilette gingen.

Putzen als Aufgabe der Stadt

Bevor tatsächlich eine Gebühr erhoben wurde, gab es lange Diskussionen, weiß Schulleiter Michael von Tettau. „Eigentlich finden die meisten Eltern, dass es Aufgabe der Stadt sei, für saubere Toiletten an Schulen zu sorgen.“ Andererseits seien die Zustände unhaltbar gewesen. Die Jungen und Mädchen nutzten die Kabinen zum Rauchen und, von Tettau nimmt da kein Blatt vor den Mund, auch zum Kiffen. Besonders erfindungsreiche Gesellen veranstalteten Weitpinkeln – und malten Zielscheiben an die Kacheln. Der Urin zog in die Ritzen und am Ende musste sogar der Estrich ausgetauscht werden. Das alles sei besser geworden dank Renate Volkmuth.

Seit drei Jahren sind die Örtchen am Bertha-von-Suttner-Gymnasium ihr Revier. Vormittags wischt sie für drei Stunden, füllt den Klopapiervorrat auf und sorgt dafür, dass genügend Papierhandtücher vorhanden sind. Vor allem aber ist die 50-Jährige Aufsichtsperson und Kummerkasten. „Ich seh ja, wenn es einem Mädel nicht gut geht und frag’ nach.“ Dann und wann machten sich Schüler lustig über sie und ihren Job, aber die Mutter von drei Kindern weiß sich zu helfen. „Die hol’ ich mir ran und frag, was das soll.“ Von Tettau ist froh, dass er Renate Volkmuth hat. „Sie hat manchmal Haare auf den Zähnen und kann mit den Jugendlichen gut umgehen.“

Zwischen 14 und 16 Euro zahlen die Eltern pro Jahr

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Zwischen 14 und 16 Euro zahlen die Kinder pro Jahr. „Das ist moderat“, findet Stefan Lübbert-Heil, Vorsitzender der Elternpflegschaft, und vergleicht den Preis mit der Toilettengebühr an Raststätten. Angestellt ist Renate Volkmuth übrigens bei der Oberhausener Gebäude Management GmbH (OGM), die sich auch sonst um die Reinigung an Schulen kümmert. Über die Zusatzleistungen kommt dann jeden Monat die Rechnung. „Wir wollten keine Ein-Euro-Kraft, sondern, dass sie ordentlich bezahlt wird“, betont von Tettau.

Die Mädchen, die meist im Zweiergespann die Örtchen aufsuchen, sind froh, dass zwischendurch gereinigt wird. „Früher habe ich mir das verkniffen und eingehalten, bis ich nach acht Stunden wieder zu Hause war“, erzählt Michelle (14). Kristina (13) nickt. „Es ist viel besser geworden, seit Frau Volkmuth aufpasst.“ Die freut sich über das Lob – und kennt ihre Pappenheimer genau. Als gegen Ende der Pause noch ein Schüler aus der siebten Klasse anzockelt, weiß sie genau, wer da noch kommt. „Wie geht’s?“, fragt sie ihn und erklärt: „Der kommt immer als Letzter. Der braucht offenbar Ruhe auf dem Pott.“

Bezirksregierung verschickt Briefe und verbietet Pflichtgebühr

In einem Brief an die Oberhausener Schulen, der der WAZ vorliegt, verbietet die Bezirksregierung die bisherige Praxis. „Die Erhebung von Pflichtabgaben der Schüler bzw. deren Eltern für die Toilettenbenutzung ist unzulässig“, heißt es darin. Stattdessen sollten Sponsoren oder Fördervereine in die Finanzierung einsteigen. „Fördervereine sollen Bildung fördern und keine Putzfrau bezahlen“, widerspricht Michael von Tettau.

Marc Bücker, Leiter des Hans-Sachs-Berufskollegs, hat ebenfalls eine Reinigungskraft engagiert. „Prinzipiell soll jeder zahlen. Wer das nicht kann oder nicht möchte, muss eine Erklärung abgeben. Dann ist er befreit“, erklärt er das Prozedere. Andere Schulen überlegen, wie sie für mehr Sauberkeit sorgen können. An der Brüder-Grimm-Grundschule freut man sich indes über neue Klos. Die Kinder und Lehrer schieben „Wache“, damit es sauber bleibt.

Andreas Höfer, Sprecher des Oberhausener Gebäudemanagements (OGM), sieht keine Möglichkeit, mehr Reinigungskräfte in die Schulen zu schicken. „Wir sind ein Dienstleistungsunternehmen der Stadt und müssen für unsere Arbeit bezahlt werden.“