Oberhausen..
„Füher war es richtig verpönt, am Tackenberg zu wohnen“, sagt Gabriele Romano. Denn damals, da gab es eine Bande, die Lords vom Tackenberg, die berüchtigt waren. Aber ist es heute etwas anderes im Stadtteil Tackenberg zu wohnen?
Als wir unseren Rundgang am oberen Teil der Tackenbergstraße beginnen, sagt die Oberhausenerin, die mit elf Jahren aus Berlin mit ihrer Familie ins Revier kam: „Wenn sie sagen, dass sie an der Tackenbergstraße wohnen, werden sie sofort gefragt: ‘Im oberen oder unteren Teil?’.“ Im oberen Teil wohnen vorwiegend Deutsche, im unteren Teil Menschen mit Migrationshintergrund. Meist Türken, aber jetzt auch viele Polen und Russen, „die die Türken schon als Ausländer bezeichnen“, weiß Gabriele Romano.
Hier im oberen Teil ist die Tackenbergstraße Tempo-30-Zone. Dennoch brettert ein Auto da gerade mit hoher Geschwindigkeit durch. „Ein Ärgernis“, findet Gabriele Romano, die ihren Stadtteil sonst sehr mag. Aber halt, etwas ist da noch, was viele Bürger seit Jahren aufregt. Die Dinnendahlstraße, eine direkte Verbindungsstraße zu Osterfeld, ist seit Jahren Sackgasse. „Warum“, fragt sich Gabriele Romano. Von dort käme man direkt zur Teutoburger Straße, ohne große Umwege. Gabriele Romano zeigt auf die Tackenbergschule, die ihre beiden Söhne besuchten.
Sie führt uns durch ruhige Seitenstraßen rechts und links der Tackenbergstraße. Durch die Pfandhöferstraße mit ihren Eigenheimen. „Hier finde ich es sehr beschaulich“, sagt Gabriele Romano. Über die Maxstraße laufen wir zur Münzstraße, von dort kann man Schacht IV sehen. „Ein Wahrzeichen“, so Gabriele Romano. Und dass dort jetzt Generationenhäuser entstehen sollen, findet sie, ist eine gute Idee.
Eine Geisterstraße und ein Smiley
Der Förderturm der Schachtanlage IV der ehemaligen Zeche Osterfeld wird nicht selten als überragendes Kulturdenkmal bezeichnet. Die Gutehoffnungshütte (GHH) begann 1913 in unmittelbarer Nähe des Musfeldhofes in Klosterhardt mit dem Bau des Schachtes IV. Nach den Entwürfen des Oberhausener Architekten Schwingen entstanden zwischen 1921 und 1924 die zugehörigen Tagesanlagen: Das Verwaltungsgebäude und das Magazin sowie die Kaue für 1000 Belegschaftsmitglieder sind flache Klinkerbauten, die von jenem 43 Meter hohen Förderturm überragt werden, der weithin sichtbar ist.
In den kleinen Sträßchen jenseits dieses Turmes gibt es viel zu entdecken. „Die Nikolaus-Groß-Straße ist meine Geisterstraße“, schildert Gabriele Romano eine Empfindung. Nie sei dort jemand zu sehen. Prompt biegt an diesem Tag ein älterer Herr mit Rollator in eben diese Straße ein.
An der Heroldstraße macht uns die 60-Jährige auf einen Gartenzaun aufmerksam. Lauter geschmiedete Fische trennen den Garten vom Rest der Welt. „Hier wohnt bestimmt ein Angler“, vermutet Gabriele Romano. Ein Busch, der zu einem Smiley geschnitten wurde, eine weitere kleine Extravaganz am Wegesrand.
Dann sind wir wieder auf der Tackenbergstraße. Nehmen einen kleinen schmalen Fußweg via Dorstener Straße. Kommen am Dicken Stein raus. Die Ecke heißt so, weil hier wirklich mal ein dicker Stein lag. Gabriele Romano lobt all die Einkaufsmöglichkeiten in ihrem Stadtteil. Das Sterkrader Tor sei nicht weit. Und hier an der Dorstener Straße gibt es einen Supermarkt, Apotheke, Metzger, Bäcker, Bank-Filiale. Was will man mehr.
Apostelkirche und Mevlana-Moschee
Und jenseits des Kommerz ist der Oberhausenerin ein weiterer Anlaufpunkt unheimlich wichtig. Die evangelische Apostelkirche, liebevoll „APO“ genannt. „Da bin ich konfirmiert, meine Söhne sind dort konfirmiert und getauft worden.“ Gabriele Romano lobt die gute Arbeit, die dort gemacht würde. Die Apostel-Kirchengemeinde ist die kleinste der evangelischen Gemeinden in Oberhausen. Die Apo wurde in den 50er Jahren erbaut. Ach, vor der Kirche liegen noch die beiden Sportplätze, die gerade saniert wurden. Gabriele Romanos jüngerer Sohn spielte jahrelang für die Spielvereinigung 06/07. Mit den vielen muslimischen Kindern dort und deren Eltern habe man sich immer sehr gut verstanden, sagt sie noch. Zurzeit hat die Spiel- und Sportvereinigung übrigens rund 450 Mitglieder.
Direkt hinter der Apostelkirche an der Wasgenwaldstraße liegt die Mevlana-Moschee. Da gibt es dann Ärger. Ein Moslem will verhindern, dass die Moschee fotografiert wird. Stocksauer und mit viel Gezeter wendet er sich an die Polizeibeamten der kleinen Wache gegenüber. Ohne Erfolg.
Gabriele Romano ist der Zwischenfall mit dem muslimischen Mitbürger vor der Mevlana-Moschee peinlich. „Gerade habe ich das Zusammenleben doch noch so gelobt.“
Hinter der Apostel-Kirche sei alles fest in türkischer Hand sagt sie. Und: „Aber das sind wir auch selber schuld, wir hätten diese Ghettoisierung von vorneherein verbieten sollen.“ Gabriele Romano weiß, dass es nicht einfach ist, als Zuwanderer in ein fremdes Land zu kommen. „Als ich meinen Mann, einen Italiener, vor 37 Jahren kennenlernte, was glauben Sie, wie schlimm das war auch vor meinen Eltern.“
Mevlana-Moscheen verdanken ihre Namen übrigens dem islamischen Mystiker „Mevlana Dschalal ad-Din ar-Rumi“, der als Gründer der Mevlevi-Tariqa (Mevlevi-Derwischorden) gilt. Von seinen Anhängern, Derwischen, wurde er Maulana, persisch/arabisch „unser Herr/Meister“, oder in türkischer Aussprache Mevlana genannt. Der Name, „Moschee des Lehrers“ oder „Moschee des Meisters“, muss aber nicht zwingend auf eine Sufi-Moschee hinweisen.
Etwas freut Gabriele Romano an ihrem Viertel, das sind die vielen Spielplätze. Die seien gut für ihre kleine Enkeltochter. Es geht weiter über die Schwarzwaldstraße vorbei am „Siedlerkrug“, einer alteingesessenen Kneipe. An Albert-Schweitzer-Schule und Theodor-Heuss-Realschule in jenen unteren Teil der Tackenberg-straße.
Hier moniert Gabriele Romano das viele Laub und die Löcher im Asphalt, ehe wir die Straße wieder „hochsteigen“. Zurück zum Ausgangspunkt. Und dabei haben wir die anderen Ecken des Tackenbergs, den Dirlingsweg etwa, noch gar nicht gesehen. Der Stadtteil ist eben sehr weitläufig.
Tackenberg in Zahlen und Fakten
Tackenberg ist ein Ortsteil von Oberhausen, der sowohl zum Stadtbezirk Sterkrade als auch zum Stadtbezirk Osterfeld gehört. Laut der statistischen Daten der Stadt Oberhausen lebten zum 31. Dezember 2009 16.585 Menschen in dem Ortsteil. Davon waren 14.312 Deutsche und 2273 Ausländer. Womit der der Ausländeranteil bei 13,7 Prozent liegt.
813 der Menschen am Tackenberg waren arbeitslos. Der Ortsteil erhielt seinen Namen von dem 72 Meter hohen Tackenberg, dessen Kuppe früher genau auf der Grenze zwischen dem Rheinland (Sterkrade) und Westfalen (Osterfeld) lag. Die Gegend um den Tackenberg oder die Sandbergheide, wie das Gebiet früher genannt wurde, war eine karge Heidelandschaft, deren Boden nur wenig hergab. Daher stammt wohl auch der Name „Tackenberg“, der sich von Tacken ableitet, was so viel wie dünner Ast oder Zweig bedeutet. In diesem Gebiet wuchsen wohl keine brauchbaren Bäume, sondern nur ästiges Heideholz.