„Wir haben hier kommende internationale Stars gesehen, da bin ich mir ganz sicher.“ Jürgen Reinke, Vorsitzender von Gitarrissimo, ist hin und weg. Er ist nicht der einzige, der beim Finale des Guitar-Festival-Wettbewerbs von den jungen Künstlern begeistert ist.
Auch die hochkarätig besetzte Jury stimmt in das Loblied Reinkes mit ein. „Das Niveau ist nicht zu überbieten“, sagt Leonhard Beck, ehemaliger Professor an der Folkwang Hochschule in Essen. „Das gibt es wirklich selten“, stimmt ihm Heike Matthiesen, renommierte Konzertgitarristin aus Frankfurt am Main, zu. „Da macht es wirklich Spaß, in der Jury zu sein.“
Wer hatte die versammelte Fachelite derart vom Stuhl geworfen? Fünf Gitarristen zwischen 22 und 27 Jahren hatten in dem international ausgeschriebenen Wettbewerb die Endrunde erreicht. Den Anfang machte die gebürtige Chinesin Zhe Gong (22). Wie ein Uhrwerk sauste sie durch technisch anspruchsvolle Stücke der Komponisten Aguado, Mertz und Turina. Da rieb sich mancher Besucher verwundert die Augen, so schnell und elegant reihten sich ihre Töne wie an einer Perlenschnur aneinander.
Noch verblüffter waren die etwa 30 Besucher, als der 25-jährige Russe Vladimir Gapontsev loslegte. Er spielte seine Stücke von Giuliani, Aguado oder Rudnev mit einer derartigen Leichtigkeit und Eleganz, dass dem fachkundigen Besucher nur der Mund offen stehen konnte. Außerdem zog Gapontsev mit einer enormen Bühnenpräsenz den Bann auf sich. Extravagante Gesten, wie die Hand am Kopf beim Ende des Vortrags, muss man sich als Künstler erst einmal erlauben können. Doch was Gapontsev musikalisch zu bieten hatte, wurde dem problemlos gerecht.
Anschließend gab sich der 25-Jährige dann wieder ganz bescheiden, sprach über die Schwierigkeit, die richtigen Stücke auszuwählen und die gute musikalische Ausbildung, die man in Deutschland und ganz Europa bekomme. Vladimir Gapontsev war nur für den Wettbewerb aus Russland angereist. Die gewonnenen Preise reihen sich bei ihm seit dem 16. Lebensjahr aneinander. „Die Musik hat mir viele tolle Momente gegeben und ist ein wichtiger Teil in meinem Leben“, sagt er.
Zhe Gong gehört zu den Musikerinnen, die speziell für ihre musikalische Weiterentwicklung nach Deutschland gekommen sind. In China achte man viel auf die Technik und dass man fehlerfrei spiele, sagt sie. „Hier in Deutschland lerne ich, Musik und Sprache richtig zu verbinden.“ Das ist ein langer Prozess, kann ihr Lehrer Jan Erler nur bestätigen: „Das sind Mauern, die müssen erst einmal ins Wackeln gebracht werden.“
Hunwha Lee ist in Norwegen geboren und über Korea nach Deutschland gekommen. „Hier gibt es die meisten Professoren mit Namen“, sagt er. Deutsche Musiklehrer seien meistens sehr nett. „Sie dürfen ruhig etwas kritischer sein.“
Zu negativer Kritik besteht hier kein Anlass. Die Nachwuchsgitarristen bieten ein enorm hohes Niveau. Am Ende gewinnt der bosnische Gitarrist Sanel Redzic, gefolgt von Kunwha Lee und Tristan Angenendt aus Wesel. Es werden nicht die letzten Gewinner gewesen sein. Die begeisterte Jury ist sich einig: Ein so großartiger Wettbewerb muss fortgeführt werden.