Eines ist nach dem Einsatz der Tierpsychologin Andrea Delvaux klar: Hundererziehung ist für Herrchen und Frauchen keine leichte Sache. Aber auf lange Sicht gesehen macht sie Mensch und Hund das Leben sehr viel leichter.

Bestes Beispiel. Amani. Der Chihuahua drangsalierte nicht nur seine Besitzerin Anja Musiol. In der Wohnung markierte er unentwegt. Draußen kläffte er alle Hunde und Radfahrer an. Er war auch in der Wohnung ständig auf Streit aus mit seinen Rudelkollegen Juliana und Spike. Spike giftete Amani ganz besonders an. Die Streitereien zwischen beiden drohten zu eskalieren.

Nachdem Anja Musiol nun einige Wochen konsequent die Ratschläge von Andrea Delveaux befolgt hat, ist Amani ein anderer geworden. „Merken Sie nicht, wie ruhig es hier ist“, fragt Anja Musiol. Amani streitet nicht mehr. Geht nicht mehr über Tische und Bänke. Bleibt brav auf seinem Kissen am Boden liegen. Und Anja Musiols ganzer Stolz ist ihr neuer Teppich im Wohnzimmer. Der kann jetzt dort liegen, weil der Rüde das Markieren dran gegeben hat. Draußen, da muss Anja Musiol noch mit ihm trainieren. Ihn mit dem Befehl „Schau“ immer rechtzeitig ablenken, ehe er Radfahrer ankläffen kann. „Aber das schaffen Sie bis Weihnachten“, ist Andrea Delveaux überzeugt. Und dann sagt sie noch, gerade kleine Hunde würden oft unterschätzt. „In Mexiko werden Chihuahuas zur Rattenjagd gezüchtet, und die Ratten sind dort oft größer als die Hunde.“ Da könne man sich ja vorstellen, wie viel Mut und Selbstbewusstsein in diese Hunde gezüchtet würden.

Bei der kleinen Jack-Russell-Hündin Amy war es dagegen mit dem Selbstbewusstsein nicht so weit her. Dennoch hatte sie das Gefühl, Chefin spielen zu müssen, was dem Hund jedoch gar nicht gefiel. Völlig überfordert, kläffte Amy viel, empfing alle Besucher aufgeregt laut bellend und hasste ganz besonders den Postboten. Post, die durch den Briefschlitz fiel, wurde umgehend zerfetzt. Seit nun ihre Besitzerin Margret Jung die Rudelführung übernommen hat, ist Amy ruhiger geworden. Die Post lässt sie in Ruhe. Kommt Besuch, wartet sie brav in ihrem Körbchen, bis Margret Jung ihr erlaubt, die Gäste zu begrüßen. „Es klappt jedenfalls meistens“, lacht Margret Jung. Hunde, denen sie auf Spaziergängen begegnet, mag Amy immer noch nicht — genau so wenig wie Radfahrer. Doch da hört sie mittlerweile auf den Befehl „Sitz“. Wartet bis Hund oder Radfahrer vorbei sind. „Das ist für Amy so viel stressfreier“, ist Andrea Delveaux überzeugt.

Auch bei Familie Prieß hat es geklappt — mit der Familienzusammenführung der ganz besonderen Art: Milos trifft Lukas. Bei Familie Prieß leben die beiden polnischen Hütehunde Zabou und Milos. Letzterer war nun ein wenig das Sorgenkind Christa Prieß. Milos reagierte nämlich auf das erste Enkelkind der Familie, den kleinen Lukas (drei Monate), eher ängstlich. Der Hund zeigte sich auch verunsichert, wenn das Kind weinte.

„Das ist jetzt ganz anders, mittlerweile freut sich Milos total, wenn Lukas zu Besuch kommt“, sagt Christa Prieß. Für den ersten direkten Kontakt gewöhnte sie Milos nur vorsichtshalber an einen Maulkorb. Das Treffen ging dann völlig glatt. Auch Lukas hatte überhaupt keine Angst. „Man sollte Hunde und Kinder aber nie alleine lassen“, rät Andrea Delveaux. Erst Jugendliche im Alter von 15, 16 Jahren könne man mit Hunden alleine lassen.