Oberhausens neue Polizeipräsidentin, Kerstin Wittmeier (45), hat am Montag dieser Woche ihren Dienst angetreten.

Mit der Sozialwissenschaftlerin, die in Flensburg geboren wurde, auf Sylt aufgewachsen ist und zuletzt stellvertretende Leiterin des Landesamtes für Zentrale Polizeitechnische Dienste in Duisburg war, sprach Redakteurin Andrea Micke.

Was haben Sie von Oberhausen bereits kennengelernt?

Oberhausen ist mir bislang relativ fremd gewesen. Mit der Stadt verbindet man zunächst das Centro, die Neue Mitte. Auf einem Stadtplan habe ich mir angeschaut, was alles zu Oberhausen gehört. Mit meiner Familie war ich am vergangenen Samstag im Gasometer. Die Ausstellung Sternstunden hat meinen elfjährigen Sohn besonders interessiert. In der nächsten Zeit möchte ich die Stadt besser kennenlernen. Das gehört ja auch zu meinen Aufgaben.

Und plötzlich Polizeipräsidentin: Hat Sie das überrascht?

Wittmeier: Ja, und gefreut. Wobei die Freude wohl auf beiden Seiten war. Denn damit war die Zusammenlegung der Polizeibehörde Oberhausen mit dem Präsidium Essen vom Tisch.

Sie haben auch keinen Auftrag, die Behörde abzuwickeln?

Nein. Und ich kann mir auch nicht vorstellen, dass die Kreispolizeibehörde Oberhausen aufgelöst wird. Auch Organisationsänderungen sind nicht geplant. Es gibt andere, relevante Themen.

Das wären welche?

Der Umgang mit straffälligen Jugendlichen.

Ein Thema, das durch Kirsten Heisigs Buch ins öffentliche Interesse gerückt ist?

Die Landesregierung hätte das Thema auch unabhängig davon aufgegriffen. Jugendkriminalität ist ein gesellschaftliches Problem. Dagegen anzugehen, ist wichtig. Da investieren wir in die Zukunft.

Was ist Ihnen noch wichtig?

Die Nachwuchswerbung. Und wir sollten auch Menschen mit Migrationshintergrund für die Polizeiarbeit gewinnen. Weil sich viele Gruppen mit Migrationshintergrund scheuen, Kontakt zur Polizei aufzunehmen, die für sie den Staat repräsentiert. Aber auch, weil diese Mitarbeiter für andere Migranten Vorbild für eine gelungene Integration sein könnten.

Nachwuchswerbung ist sicher auch vor dem Hintergrund des demografischen Wandels unerlässlich?

Wir haben jetzt rund 549 Mitarbeiter. Das soll auch so bleiben. Auf jeden Fall darf es keine Einschnitte bei dem Dienst vor Ort geben, dem, was die klassische Polizeiarbeit ausmacht.

Oberhausens Polizeibehörde hat bereits eine umfassende Strukturreform hinter sich. Hat diese sich bewährt?

Das kann ich nach so wenigen Tagen noch nicht beurteilen. Aber das Polizeipräsidium ist auf jeden Fall eine Behörde, auf die man gerne schaut, wie die Arbeit hier gemacht wird. Vom Spartendenken ist man schon weit entfernt, sieht die Polizeiarbeit eher als Ganzes.

Sind Ihnen in Oberhausen bereits Dinge aufgefallen, die Sie ändern möchten?

Ich halte nichts davon, gleich alles zu ändern, wenn die Dinge gut laufen. Ich werde hier gezielt gucken, wo läuft etwas gut und wo möchte ich nachjustieren.

Wie stehen Sie zum Thema subjektives Sicherheitsempfinden?

Die Angst kann man jemandem nicht nehmen. Angst ist einfach da. Deshalb muss die Polizei an solchen Angsträumen präsent sein, um den Menschen ein Gefühl von Sicherheit zu geben.

Ist der Hauptbahnhof vielleicht ein solcher Problempunkt, ein Angstraum?

Ich bin selber immer brav mit dem Zug nach Oberhausen gefahren. Ich finde den Bahnhof nicht abschreckend und erlebe ihn nicht als einen der Angsträume wie viele andere Bahnhöfe.

Noch liegt das Polizeipräsidium so zentral, das es gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen ist. Es gab immer mal wieder Umzugspläne?

Seit klar ist, dass das Polizeipräsidium Oberhausen erhalten bleibt, stellt sich die Frage, ob wir umziehen oder investieren. Für mich hat dieses Gebäude sehr viel Charme. Es ist ein Standort mit Tradition.

Also kein Umzug und die Standorte Friedensplatz in der City und Wilhelmplatz in Sterkrade bleiben erhalten?

Als Leiterin einer Behörde hätte ich natürlich gerne alles unter einem Dach. Aber andererseits ist vielleicht auch gerade das Oberhausen — diese Trennung von Oberhausen und Sterkrade.

Die Polizei in Oberhausen hat immer auf Präventionsarbeit auch in Kindergärten und Schulen gesetzt. Wird das so bleiben?

Präventionsarbeit muss weitergeführt, eher noch verstärkt werden. Die Verkehrserziehung beispielsweise ist unheimlich wichtig.

Das sagen Sie als Mutter von drei Kindern, die neun, elf und 17 Jahre alt sind. Wie haben Sie eigentlich Karriere und Familie unter einen Hut bekommen?

Sie brauchen einen Partner, der sagt, da ziehe ich mit. Der Aufgaben im Haushalt übernimmt. Wir haben auch eine Kinderfrau und wohnen mit meinen Schwiegereltern zusammen. Ich habe die ganze Zeit gearbeitet, maximal zwei Monate ausgesetzt. Deshalb gab es für meine Kinder nie diesen Bruch, sind sie an die Arbeit ihrer Mutter einfach gewöhnt. Für meine 17-Jährige Tochter ist es zum Beispiel unvorstellbar, später nicht zu arbeiten, auch wenn sie Kinder hat. Man kann Karriere und Beruf vereinbaren, braucht aber Menschen, die einen fördern.

Sind das auch Frauen, und gibt es so etwas wie Frauensolidarität.

Ja, es waren auch Frauen, die mir geholfen haben. Und unter den Frauen der Landesverwaltung gibt es so etwas wie Solidarität. Ich habe dort ein Frauennetzwerk mitgegründet.