Oberhausen. .
Das neue Straßenreinigungskonzept in der Innenstadt zeigt Wirkung. Die Kehrseite: Knöllchen und verärgerte Anwohner
Saubere Straßen wären so einfach, stellt sich WAZ-Leserin Christel Kühne vor: Die parkenden Boliden räumen für drei Stündchen den Straßenrand, der Kehrer kommt – der Dreck ist weg! Was sich so liest wie aus der Putzmittelwerbung, soll in Chicago und New York übrigens glänzend funktionieren, weiß die Osterfelderin. Ihre Kinder leben dort und standen das ein oder andere Mal vor einem sauberen leeren Fleck, wo zuvor noch das Auto ruhte – abgeschleppt, weil es die Kehrer behinderte.
„Was in den Metropolen möglich ist, sollte auch in Oberhausen umzusetzen sein“, denkt Kühne und schaut auf ihre Heimat, die Lilienthalstraße in Osterfeld. Ein Ort mit zwei Gesichtern: Auf der einen Seite – wo Parkverbot herrscht – kann die Kehrmaschine gründlich walten. Auf der anderen Seite hingegen blockiert eine Blechlawine regelmäßig den Zugang zu Staub und Laub. Ein Anruf bei den für die Straßenreinigung verantwortlichen Wirtschaftsbetrieben (WBO) brachte jedoch nicht die gewünschte Lösung. Der Rat: Sie solle Unterschriften in der Straße für das Einrichten eines zeitlich eingeschränkten Parkverbotes sammeln und bei der Bezirksvertretung beantragen. Das sieht Kühne anders. „Ich bezahle doch für die Straßenreinigung. Jetzt soll ich noch dafür sorgen, dass diese Arbeit erledigt werden kann?“
Vielleicht aber ist es bis zu New Yorker Verhältnissen nicht mehr lange hin – zumindest in Sachen Sauberkeit: Denn seit Anfang Juni läuft in der Oberhausener Innenstadt ein ähnliches Vorhaben als Modellversuch. Zwischen Nohl-, Düppelstraße und angrenzenden Bereichen hat man bislang an drei Terminen im Abstand von sechs Wochen das Parken eingeschränkt. Zwischen sieben und zehn Uhr müssen die Autos den Straßenrand räumen. 72 Stunden vorher verkünden Schilder den Einsatz.
2,7 Tonnen haben die Kehrfahrzeuge zum zweiten Termin im Juli eingefahren. Eine Tonne weniger kamen bei der Fahrt Ende September zusammen. Die Tonnage für die erste Runde im Mai kann die Stadt nicht nennen. Gegenüber der zweiten soll sie aber doppelt so hoch gewesen sein, heißt es aus anderer Quelle. Schlüsse aus diesem Zwischenergebnis will das Tiefbauamt noch nicht ziehen. Ein Termin sei noch offen. Am Ende des Jahres werde das Ergebnis in der Bezirksvertretung vorgestellt.
Dort wird man sich wohl auch mit der Kehrseite des Reinemachens beschäftigen: 106 Knöllchen verteilte das Ordnungsamt an den ersten drei Terminen und ließ 40 Autos abschleppen. Dabei hatte die WBO den Zeitraum von sieben bis zehn bewusst gewählt, weil man Geschäftsleute und Anwohner so wenig wie möglich belästigen wollte: „Die einen sind schon zur Arbeit, die anderen haben ihre Läden noch nicht geöffnet“, sagte der WBO-Betriebsleiter Wilhelm Baumann noch zu Beginn des Modellversuchs.
Diese Strategie ging offenbar nicht auf. Zum Ärger mancher Anwohner wie Karin Dickmann. Seit Jahren bricht sie gewöhnlich zwischen sieben und 7.15 Uhr auf zu ihrer Arbeitsstelle in Ratingen. Zum Reinigungstermin am 29. September klingelte es bei ihr um fünf nach sieben Sturm, „als ich mich aus der Wohnungstür begeben wollte“. Ein Herr vom Ordnungsamt erklärte ihr, dass der Abschleppwagen schon unterwegs sei, eine „kostenpflichtige Verwarnung“ sei bereits geschrieben.
Dickmann ärgert sich, denn auf einem Info-Zettel, der im Juni verteilt worden sei, soll die Reinigungszeit zwischen acht und zehn angegeben sein. Verwirrend, denn die Fahrzeuge sollen die Strecke schon um sieben Uhr räumen. Die Hinweisschilder an der Straße seien hingegen schlecht im Dunkeln lesbar, wenn sie von der Arbeit nach Hause komme. Ob Ausflucht oder Kommunikationspanne – bis zum Jahresende haben die Citybewohner Zeit, ihre Lernfähigkeit unter Beweis zu stellen. Dann läuft der Modellversuch aus.