Oberhausen. .
Künstler Günter A. Steinmann hat der Stadt just eine grandiose, tonnenschwere Skulptur quasi in den Vorgarten gestellt. Am Rathaus thront das Werk wie die Spitze eines Zepters.
Bis zu seiner feierlichen Enthüllung muss man sich jedoch bis zum ersten Oktober gedulden.
Die Mittelachse – sie lässt den Künstler Günter A. Steinmann nicht los, unterteilt die Bildmitte wie ein scharfer Schnitt von oben nach unten. Nahezu alle seine Werke haben diese zwei Seiten. Und die sind nicht nur formal zu verstehen: „Schuld daran hat wohl mein Vater“, sagt er, denn der war Konstrukteur und von Berufswegen besessen von dieser Achse. „Ich bin technisch versaut. Ich brauche den Halt der Linie.“ Zeichnet sich da nicht ein leichtes Schmunzeln ab? Oh ja.
Steinmann liebt die feine Ironie und ist obendrein geboren im Knappenviertel – wie übrigens auch Oberbürgermeister Klaus Wehling. Man muss ihn daher von beiden Seiten verstehen, wenn er just seine Kunstwerke an die Stadt mit den Worten übergibt: „Erst hat der OB sehr skeptisch geguckt, aber als ich dann sagte, dass es ein Geschenk sei, wurde sein Gesicht freundlicher.“ Es ist eine charmante Untertreibung.
Drinnen, auf der dritten Etage des Rathauses kann man hingegen sein Triptychon von 1990 sehen: Vertikal positiv I, negativ I und positiv II. So sachlich wie die Titel lautet, wirken sie: Was auch immer ihr „Vorbild“ war, löste Steinmann bis an die Grenze der Unkenntlichkeit in schwarze und weiße geometrische Flächen auf. Der Konstruktivismus fasziniert ihn – vielleicht auch die „Schuld“ des Vaters.
Obwohl, wäre es nach diesem gegangen, wäre aus dem Konstruktivisten auch ein Konstrukteur geworden. Steinmann stand der Sinn aber nach anderem. Den Volkswirt machte er „halt“, weil sich mit den schönen Künsten kaum Geld verdienen ließ. Es waren andere Zeiten als heute, wo die „Kunst am Bau“ einen festen Platz im Budget von öffentlichen Einrichtungen bekommen hat und zum guten Ton von Unternehmen gehört.
Steinmann ging zunächst in die USA als Warhol, Rauschenberg und Lichtenstein Pop-Art machten. Das ironische Spiel von Kunst und teils erotischer Werbung inspirierte ihn, „und auch die britischen Künstler wie (David) Hockney und (Allen) Jones. Die lasziven Posen von jungen Damen in ihren Bildern. Immer etwas sexy.“ Seine Kunst wandelte sich vom anfänglichen Fotorealismus zum Expresionismus und schließlich Konstruktivismus. Sie wurde bunter. Dann kehrte er nach Europa zurück, wo er Kunst an der Folkwang-Schule in Essen studierte, und wo einige seiner Skulpturen zu finden sind.
Und „so ganz nebenbei“ arbeitete er mit den Großen zusammen wie „Jörg“ (Immendorff). Zweigleisig zu fahren, mit einem Fuß in der Wirtschaft, „war gar nicht so doof“, blickt der gelernte Volkswirt zurück, „ich konnte so ein Türöffner sein.“ Heute lebt Steinmann immer noch in mindestens zwei Welten: Die eine liegt in Hattingen, die andere in dem spanischen Künstlerdorf Altea, „des Lichtes wegen.“ Die Bindung zu seiner Geburtsstadt entdeckte er vor Jahren wieder, das Kunstwerk soll dafür ein Zeichen sein: „Das muss an meiner katholischen Erziehung liegen“, überlegt der 77-Jährige wieder mal spitzfindig, „du sollst etwas für deine Stadt tun.“