Als der Mann, den jedes Kind kennt, die Ludwig Galerie betritt, blitzt es von allen Seiten.

Janosch, wie sich der Mann nennt, dreht sich steif in jeder Linse der Fotografen, schmunzelt manchmal darüber, bemerkt ein anderes Mal, dass nur noch nicht von hinten fotografiert worden sei – und dreht der Menge dann den Rücken zu. Bis Jasmin Blankenburg den 79-Jährigen am Ellenbogen antippt („Wie hübsch sie ist“, sagt Janosch zwinkernd zu den Journalisten). Sie möchte ihn etwas durch ihr, so Kuratorin Christine Vogt, „bravouröses Meisterstück“ führen, ihm ein paar der rund 200 ausgestellten Aquarelle und Zeichnungen zeigen: „Janosch – Panama und andere Welten“ hat sie die Ausstellung genannt. Mit dem Besuch des Künstlers, der seit drei Jahrzehnten auf der Kanareninsel Teneriffa lebt, wurde sie am Samstagabend eröffnet.

Mit dieser Werkschau eines „der populärsten und einflussreichsten Illustratoren unserer Zeit“, so Christine Vogt („Jetzt übertreiben Sie aber“, sagt Janosch) leistet die Galerie einen erneuten Beitrag im Bereich ihrer populären Galerie: Nicht nur die bekannten Kinderbuchillustrationen um Tiger und Bär, Emil und seine Bande finden hier ihren Platz. Frühere, kräftigere Bilder gehören dazu, genauso wie Zeichnungen zum Spannungsfeld Mann und Frau und religionskritische Bilder. Janosch, 1931 im oberschlesischen Hindenburg, heute das polnische Zabrze, als Horst Eckert geboren, lernte früh die Strenge des Katholischen Glaubens kennen, als er vom prügelnden, alkoholabhängigen Vater zum Jesuitenpater gereicht wurde, der ihn nochmals verprügelte. „Das war schlimm“, wird Janosch in einem Gespräch sagen.

Noch immer mache ihm die Arbeit Spaß („außer wenn ich mal keine Lust habe“), er schreibe zwar nicht mehr, aber zeichne noch, „weil man Bilder verkaufen kann“. Kunst, das hat Janosch, gesagt, war seine Rettung. Wovor? „Vor der Arbeit. Zumindest glaubte ich das. Ich wusste ja nicht, dass auch Kunst Arbeit ist.“ 1944 erhielt er eine Lehrstelle als Schmied, fand nach dem Zweiten Weltkrieg – die Familie war nach Westdeutschland geflohen – keine Anstellung und arbeitete in einer Textilfabrik in der Nähe von Oldenburg. „Dort gab es Tausende von Zahnrädern, zwischen denen ich putzen musste. Das war mir zu gefährlich: Da ist erst der Finger drin, dann die Hand und dann der ganze Mann.“

Stattdessen ging Janosch auf eine Textilfachschule in Krefeld und bewarb sich zweimal vergebens an der Akademie der Bildenden Künste. Schließlich gestand man ihm zwei Probesemester zu, schickte ihn aber wegen „mangelnder Begabung“ wieder weg. Janosch machte weiter: „Man muss ja immer trotzdem alles tun.“ Ein Freund riet ihm, ein Kinderbuch zu machen, sein Verleger, sich Janosch zu nennen: 1960 erschien „Die Geschichte von Valek dem Pferd“, 19 Jahre später gelang ihm der Durchbruch mit „Oh, wie schön ist Panama“. Seine berühmteste Figur aus dieser Zeit wird in der Schau nur angerissen: die Tigerente, von der er behauptet hat, sie nie erfunden zu haben, es dann wieder zurückgenommen hat, sie aber immer noch kitschig findet. Vielleicht gefällt ihm die Ausstellung auch deshalb: „Sie rührt mich“, sagt er, auch wenn es ein komisches Gefühl sei, die eigenen Bilder nach so langer Zeit wieder zu sehen. „Ich habe 30000 Zeichnungen angefertigt, alles Vergangenheit, alles weg. Manchmal will ich damit nichts mehr zu tun haben.“ Sein eigenes Panama habe er gefunden: „Ob ich auf Teneriffa bin oder in Recklinghausen, mein Panama steckt in mir.“