Oberhausen. .
Ein Besuch in der Gartenanlage Rothebusch: Immer mehr Familien mit Kindern zieht es in den Kleingarten. Mittlerweile liegt hier der Altersdurchschnitt der Kleingärtner bei 45 Jahren.
Es riecht nach frisch gemähtem Gras, nach Rosen und Lavendel. Und es ist ruhig. Das Leben in der Kleingartenanlage Rothebusch kann so schön sein.
Bevor es sich Lisa Gutsche an diesem warmen Sommertag im Liegestuhl gemütlich macht, hat die 47-Jährige noch einiges zu tun. Die Pflanzen wollen begossen, die Erdbeeren geerntet werde.
Mit Ehemann Karsten (47), den Töchtern Alina (16) und Leonie (4) sowie Hund Jasper (1) wohnt sie in einer Dachgeschosswohnung samt Südbalkon, drei Minuten Fußweg von ihrer Parzelle in der Kleingartenanlage Rothebusch entfernt. „Ich hatte schon immer einen grünen Daumen“, sagt die Steuerfachgehilfin lachend.
„Nur Blumentöpfe für den Balkon zu bepflanzen, reichten mir auf Dauer nicht. Als dann Leonie auf die Welt kam, schafften wir uns den Garten an.“ Damals wurden die Gutsches von ihren Freunden ganz schön belächelt: „Was, ihr geht unter die Laubenpieper? Vergesst die Gartenzwerge nicht.“ Grillpartys und nicht zuletzt Lisas leckere Erdbeermarmelade – zu Beginn der diesjährigen Saison hat sie bereits 20 Gläser gekocht – blieben nicht ohne Wirkung. Zwei befreundete Pärchen sind mittlerweile ebenfalls unter die Kleingärtner gegangen. „Es gibt hier jede Menge Kinder und es herrscht ein tolles Miteinander von Jung und Alt“, sagt Lisa, die sich anstatt der Gartenzwerge in nächster Zeit lieber eine topmoderne Bankirai-Terrasse mit Sonnensegel und Sprudelstein anschaffen möchte.
Den Grundstein für die grüne Oase zu Fuße des Rothebuschwaldes legten Bergleute der Zeche Jacobi. Sie gründeten 1951 eine Gartengemeinschaft mit insgesamt 130 Parzellen, um in Zeiten knapper Kassen die Versorgung ihrer Familien sicher zu stellen. 1974 wird offiziell der Verein Kleingarten e.V. Rothebusch gegründet und das Gelände in 92 Gärten neu aufgeteilt. Alle sind heute belegt.
„In den letzten vier Jahren hat es bei uns einen Generationswechsel gegeben. Viele junge Familien sind gekommen und haben den Altersdurchschnitt auf 45 Jahre gedrückt“, erzählt der Vorsitzende Herbert Lüttig. Seit 25 Jahren ist er stolzer Besitzer eines Schrebergartens und hat mittlerweile vier Lüttig-Generationen mit in den Bann gezogen. Der „Boss“ ist Großmutter Gertrud (83). In den Sommermonaten fast täglich um 6.30 Uhr vor Ort ist sie die „Koordinatorin“ des Familienprojektes „Parzelle“. Schwiegertochter Angelika (57) übernimmt das Fegen und Reinemachen, Sohn Helmut (56) die Gartenarbeit und das Bienenhaus, Enkel Matthias (31) und dessen Freundin Vanessa (30) sind die Grill-Beauftragten, Urenkelin Sophia (7) zuständig für die Ernten. Nach getaner Arbeit wird relaxt, und das am familieneigenen Sandstrand inmitten des Kleingartens mit Strandkorb und mitgebrachten Muscheln von Borkum.
Ein paar Parzellen von den Lüttigs entfernt haben es sich Reinhold (72) und Elisabeth (70) Groß in der Ruheecke ihres Gartens gemütlich gemacht. „Das muss sein. 15 Kilo Johannesbeeren haben wir heute geerntet“, berichtet der Gartenherr stolz. Seit 28 Jahren ist der Kleingarten in ihrem Besitz. Leckere Äpfel und Kirschen reifen an den Bäumen, in den Beeten strotzen Möhren- und Kartoffelpflanzen nur so vor Kraft und Gesundheit. Wie überall gilt auch hier die Drittelregelung, die im Kleingartengesetz verankert ist: Jede Parzelle soll jeweils zu einem Drittel aus Haus, Weg und Terrasse, Rasen und Blumen sowie Obst und Gemüse bestehen. Das sieht nach Arbeit aus! „Keineswegs“, versichert Reinhold Groß. „Es ist zwar immer was zu tun. Aber es ist keine Schufterei, sondern unser Hobby und Entspannung pur.“
Übrigens: Obwohl gerade bei jungen Familien der Trend hin zum Kleingarten geht, sind die Preise für ein grünes Paradies inmitten der Stadt heute niedriger als noch vor ein paar Jahren. „Einen guten Garten gibt es schon für knapp 3000 Euro“, so Herbert Lüttig.