Lara versteht ihre Welt nicht mehr. Ihr Spielplatz soll weg. Weil die GeWo (Gemeinnützer Wohungsbau eG) dort Garagen bauen will. Zwölf sind beantragt und von der Stadt bereits 2009 genehmigt worden. Am Donnerstag nun ging’s los, fällte eine Firma mehrere Bäume. „Dabei habe ich meiner Schulfreundin versprochen, mit ihr dort zu spielen, wenn sie nicht mehr an ihren Krücken gehen muss“, sagt Lara.

Erst am 5. Juni ist die Neunjährige mit ihrer Familie ins Hahnenviertel gezogen – auch, weil dort mitten im Häuserkarree ein schöner Spielplatz ist, auf dem Generationen von Kindern Rollschuh laufen oder Fahrrad fahren gelernt haben. „Ohne dieses Außenspielgelände wäre ich niemals hier hin gezogen“, sagt Laras Mutter Martina Warmeling.

Von der GeWo regelrecht „überrumpelt und hintergangen“ fühlen sich zahlreiche Menschen, die im Häuserkarree Hahnen-, Flur-, Eich- und Wehrstraße zu Hause sind. 2002 hatte die Genossenschaft das gleiche vor, zeigte aber nach Protesten ihrer Mieter Einsehen. „Wir haben damals auch Unterschriften gesammelt. Frau Hammerschmidt vom Vorstand der GeWo schaute sich unseren Hof an und zeigte Verständnis“, erinnert sich Angelika Evers.

Unterschriften gegen den Bau der Garagen gesammelt haben die Mieter auch jetzt. „Mehr als 70 habe ich zusammen und am Donnerstag bei der GeWo abgegeben“, sagt Frank Götzel. Er habe erst am Mittwoch vom Hausmeister erfahren, dass der Spielplatz überbaut werden soll. „Am Donnerstag morgen um 8 Uhr ging es dann schon los.“

Das nenne man „Fakten schaffen“, sagt Albert Karschti. Der stellvertretende Bezirksbürgermeister unterstützt die Bürger in ihrem Protest. „Es gibt in dieser Siedlung überhaupt keinen Parkdruck, hier geht es ausnahmslos um wirtschaftliche Interessen.“

Karschti berichtet, dass die GeWo in den Jahren 2008 und 2009 erst die Balkone der Häuser erneuert und dann die Mieten erhöht habe. „Um 65 Euro pro Monat.“ Zum Dank dafür könnten die Mieter nun auf Garagendächer schauen anstatt auf den Spielplatz und das Grün der Bäume.

Rasen und Bäume gibt es indes in dem Karree immer noch reichlich. Auch eine in die Jahre gekommene Tischtennisplatte und eine Rutsche mitten in einem Sandspielbereich. Ersatz für den „Rolli“, wie die Kinder ihren kleinen, plattierten Spielplatz nennen, ist das nicht. Überhaupt scheint die GeWo ihre Spielflächen im Hahnenviertel nicht zu pflegen. Hinter den Häusern der Flurstraße ergreift derzeit die Natur Besitz von einem anderen Spielplatz. Der Hinweis „Ein Herz für Kinder“ auf dem verwitterten und längst vom Grünspan eroberten Schild der GeWo wirkt zynisch.

GeWo-Vorstand Wolfgang Hoffmann bezeichnet die Maßnahme als „moderaten Eingriff“ in die Struktur. Die Gesamtfläche des Karrees betrage fast 7000 Quadratmeter, davon würden 500 für die Garagen verloren gehen. „Die Nachfrage ist vorhanden, sonst würden wir nicht bauen.“ Hoffmann zweifelt am dokumentierten Protest seiner Mieter. „Ich habe einen angerufen und befragt. Der Mann sagte mir, seine Frau habe unterschrieben, ihn selbst aber interessiere das nicht.“ Bis zum Jahresende sollen die zwölf Garagen stehen, 60 000 bis 100 000 Euro wird die GeWo dafür ausgeben. Die künftigen Mieter zahlen 37 Euro pro Monat.

Laras Spielplatz gehört dann den Autofahrern.