Oberhausen.

Krebs ist, so sagen es die Mediziner, frühzeitig erkannt, heilbar. Weshalb sich die Gesundheitsakteure zusammengeschlossen haben und Aktionen einstielen — wie den Vorsorgetag auf dem Altmarkt.

Mit AOK-Regionaldirektor Hans-Werner Stratmann (49) sprach WAZ-Redakteurin Andrea Rickers.

Wann waren Sie das letzte Mal bei einer Vorsorgeuntersuchung?

Stratmann: Ich bin kein Vorsorgemuffel. Seit meinem 35. Lebensjahr mache ich alle zwei Jahre den allgemeinen Check. Und erst im Juli dieses Jahres habe ich eine Darmkrebs-Vorsorge machen lassen. Ich kann also guten Gewissens appellieren: Macht das doch!

Sind Sie damit als Mann eine Ausnahme?

Frauen sind ja die Gesundheitsminister in den Familien. Männer gehen nicht so gerne zur Vorsorge, weil sie befürchten, eine Diagnose mitgeteilt zu bekommen, mit der sie sich auseinandersetzen müssen. Männer gehen eher mit dem Bewusstsein durchs Leben: Krankheit wird vorüberziehen und mich nicht treffen. Dabei erhält Früherkennung die Lebensqualität.

Um den Gesundheitszustand des Oberhauseners an sich scheint es ja auch schlecht bestellt zu sein. . .

Studien und Statistiken zeigen, dass die Lebenserwartung von erwachsenen Männern und Frauen hier deutlich geringer ist als in anderen Kommunen. Auch das Engagement in Sportvereinen ist deutlich geringer, und im Vergleich zu anderen Städten im Rheinland gibt es in Oberhausen mehr adipöse, fettleibige Menschen. Das gilt auch für die Nachbarstadt Mülheim. Das alles liegt aber nicht an der medizinischen Angebotsstruktur. Wohl eher daran: Die Menschen in Oberhausen sind genügsam, gehen erst zum Arzt, wenn es gar nicht mehr anders geht.

Das klingt nach dicken Brettern, die von Seiten der Kassen und Ärzte beim Thema Vorsorge gebohrt werden müssen. Wie kommen Sie an die Menschen heran?

Um bei der Vorsorge Nachhaltigkeit zu erzielen, gehen wir zu den Orten, an denen die Menschen sind. Wir, das sind die Kassen, die Ärzte, alle Krankenhäuser in der Stadt, die an dieser Stelle den Wettbewerb außer Acht lassen, zusammen mit der Gesundheitskonferenz der Stadt. Wir sehen uns alle in der Verpflichtung. Die Mediziner stehen bei vier Veranstaltungen in den Stadtteilen als Gesprächspartner zur Verfügung, führen Messungen durch, informieren über die Vorsorgeuntersuchungen und wie undramatisch das ist. Zum Abschluss gibt es den Vorsorgetag auf dem Altmarkt. Das ist eine Investition in die Lebensqualität der Bürger.

Was lässt sich denn die AOK die Vorsorge kosten?

Wir wissen, dass Darmkrebs, wenn er zu spät entdeckt wird, tödlich verläuft. Also wollen wir Männer jenseits der 55 zur Vorsorge bewegen. Wo trifft man die? Im Fußballstadion. Also haben wir im Stadion vom 1. FC Köln eine Aktion gemacht, bei der Mitarbeiterinnen über die Vorsorge informiert haben. Die Männer, die danach innerhalb von 14 Tagen mit einer Bescheinigung vom Arzt, wonach sie an der Vorsorgeuntersuchung teilgenommen haben, zum Fan-Shop gegangen sind, durften sich dort für 20 Euro etwas aussuchen. 5000 Männer haben mitgemacht, das hat 100 000 Euro gekostet. Wenn wir so zwei Krebserkrankungen verhindert haben, ist das Geld wieder drin. In Oberhausen geben wir als AOK jährlich ca. 17 Mio Euro für die ärztliche Behandlung bei Vertragsärzten aus. Für Früherkennungsuntersuchungen werden ca. 1,13 Mio Euro ausgegeben, das sind etwa 6,6 Prozent der Kosten für die ärztliche Behandlung. Gemessen an allen Ausgaben der AOK entfallen ca. 16 Prozent auf die Vergütung für ärztliche Leistungen. Damit liegen die Ausgaben für Früherkennung gemessen an allen Ausgaben um einen Prozent.