Was in den USA wohl schon lange praktiziert wird, ist hierzulande nun auch verstärkt im Kommen. Die tiergestützte Therapie. Für Sandra Foltin (40) ist sie nichts Neues.
Foltin beschäftigt sich bereits seit 20 Jahren damit. „Ich habe in den USA Psychologie und später auch Jura studiert“, sagt die Oberhausenerin. In den Staaten kam die auf Wirtschaftsrecht spezialisierte Juristin dann auch mit der tiergestützten Therapie in Kontakt. „Sie sind uns dort auf diesem Gebiet zehn, 15 Jahren im voraus“, schätzt Foltin.
Um Menschen auch hier die therapeutische Arbeit mit Tieren auf der Grundlage fundierter Fachkenntnisse zu ermöglichen, gründete Sandra Foltin in diesem Jahr das „Ausbildungszentrum NRW“. Dort wird Interessenten eine 15monatige Fortbildung mit qualifiziertem Abschluss geboten.
Sandra Foltin verweist immer wieder darauf, wie wichtig, Wissen ist. Als Beispiel führt sie einen besonders sensiblen Bereich ihrer Arbeit an: die Wachkomapatienten. „Es ist nicht damit getan, da mit einem Hund hinzugehen und den zu Füßen der Patienten zu drapieren“, erläutert Foltin. Der Therapeut müsse die Patienten die ganze Zeit über gut beobachten. Herausfinden, ob sie sich wohl fühlen. „Mögen sie die Wärme des Tieres, gefällt ihnen die Stelle, an der der Hund liegt?“ Auch bei Wachkomapatienten könne man Wohlbefinden erkennen. Wenn sich etwa die Hände der Menschen entspannten. Und nicht zuletzt spiele je nach Patient die Größe des Hundes eine wichtige Rolle. „Wachkomapatienten wiegen oft nur noch 40 Kilogramm“, sagt Foltin. Natürlich kann sie da nicht mit sehr großen, schweren Hunden auflaufen.
Die beiden Windspiele Collana (3) und Gandolfo (7) sind Leichtgewichte und für diesen Job bestens geeignet. Wippet Lancelot (5), der dritte im Bunde, ist etwas größer und braucht mehr Distanz. „Ihn setze ich oft ein, um Kindern beizubringen, dass der Hund, wenn ich nein sage, auch wirklich nicht angefasst werden darf“, verdeutlicht Foltin. Aber das ist schon wieder ein ganz anderes Thema, bei dem es darum geht, Grenzen zu erkennen und zu akzeptieren.
Die Oberhausenerin, die selber ja nur drei Hunde hat, kann mittlerweile auf einen „Pool“ weiterer Tiere zurückgreifen. Für geistig- und körperbehinderte Kinder, die ihre Motorik oft nicht ganz unter Kontrolle haben, braucht man etwa große Hunde. Und längst nicht jeder Hund ist für diesen Job geeignet. „Wichtig ist“, sagt die Therapeutin, „dass der Hund Spaß an der Arbeit hat.“ Das notwendige Wissen über seine vierbeinigen Mitarbeiter, welche Stresssymptome sich etwa bei ihnen zeigen können, ist dann auch ein Ausbildungsinhalt der Akademie.
Einen Teil der Seminare leitet eine Kinder- und Jugendpsychologin. Juristische Grundlagen oder Erkenntnisse der Gerontologie sind weitere Kursus-Inhalte. Denn die Arbeit der tiergestützten Therapie ist ein weites Feld. Einsätze in Kindergärten oder Grundschulen, bei geistig- und körperlich behinderten Kindern, Schlaganfallpatienten und in Seniorenheimen sind Sandra Foltin und ihren Hunden vertraut.
Außerdem gibt es immer mehr Menschen, die regelrechte Phobien vor Hunden entwickeln. Sandra Foltin erzählt von einer Familie, Vater, Mutter, drei Kinder, die Waldspaziergänge vermieden, um nur ja keinem Hund zu begegnen. Die Kinder hatten fürchterliche Angst vor den Vierbeinern. „Aber gerade, was solche Kinder aus ihrer Angst heraus tun, ist für Hunde total interessant“, veranschaulicht die Therapeutin. Der eckige Gang ängstlicher Menschen, dass sie die Hunde anstarren, sind für den Vierbeiner in seiner Sprache sogar Zeichen eines drohenden Angriffs. Foltin: „Die Kinder können lernen, nicht weg zu laufen, gerade zu stehen, die Arme eng am Körper, nach oben zu schauen und klar und deutlich nein zu sagen.“ Dann ginge der Hund weg. Doch dieses „Nein“ zu formulieren, fiele vielen Kindern, besonders Mädchen mit Migrationshintergrund, schwer. Im übrigen gilt für Foltin: „Wenn ein Mensch Angst hat, muss ich als Hundehalter meinen Hund rufen und anleinen.“ Ein „der tut nichts“ ginge in einem solchen Fall gar nicht.