Oberhausen. .
Samstag, 18.30 Uhr, in der Herz-Jesu-Kirche Sterkrade. Eine ganz normale Vorabendmesse. Möchte man meinen. Wäre da nicht die Nachricht von der Beurlaubung von Propst Bernward Mezger, die in der vergangenen Woche an die Öffentlichkeit gelangte.
Und die die Gemüter erhitzte.
Und es brodelt auch in der Gemeinde. Man ist um Normalität bemüht, doch das gelingt nicht ganz. Wer nachfragt, erntet sehr unterschiedliche Reaktionen. Was sagen Sie zur Beurlaubung des Propstes, weil er gegen den Zölibat verstoßen haben soll? „Kein Kommentar“, lautet in den meisten Fällen die Antwort der Kirchenbesucher. Wut und Bestürzung kann dabei aber kaum jemand unterdrücken. Viele ältere Menschen schütteln nur stumm den Kopf. Ist es die Wut, dass die Geschichte an die Öffentlichkeit gelangt ist?
Ist es die Bestürzung, dass innerhalb der Kirche etwas schief läuft?
So langsam löst sich das Schweigen. „Das ist doch alles aufgebauscht“, bringt eine ältere Kirchenbesucherin fast unter Tränen heraus. „Völlig überflüssiges Geschwätz“, ruft ein anderer aus. „Das gehört nicht in die Öffentlichkeit“, spricht einer aus, was viele denken. Zustimmendes Nicken bei den umstehenden Leuten.
Auch Helmut Bennewa, Vorsitzender der Katholischen Arbeiter-Bewegung (KAB) von Herz-Jesu Sterkrade, ist dieser Meinung. „Der Zölibat sollte eine persönliche Sache sein“, sagt er. An der Schlafzimmertür höre die Sache auf, da habe sich niemand einzumischen.
Ein kleiner Kreis hat sich vor der Kirchentür gebildet, die Menschen diskutieren über den Fall. Erstaunlich sachlich – und kritisch. Die katholische Kirche habe sich mit Papst Benedikt rückwärts entwickelt, sagt Helmut Bennewa. Dagegen müsse man viel eher offen denken: Liebe und Fortpflanzung seien doch ganz natürlich. Ist der Zölibat also nicht mehr zeitgemäß? Die Gruppe ist sich einig: nein! „Bernward Mezger war ein toller Seelsorger“, sagt eine Kirchenbesucherin. „Ich kreide es der katholischen Kirche an, dass er nicht so leben kann, wie er möchte.“ Ein Mensch mit so wichtigen seelsorgerischen Fähigkeiten dürfe ihr nicht auf diese Weise verloren gehen.
„Das ist weltfremd ohne Ende.“ Die Diskussion nimmt an Fahrt auf. „Die Kirche sollte etwas tun. Es kann nicht Jesus Wille gewesen sein, nicht mit Frauen zusammen zu leben.“ Es sei doch viel wichtiger, dass man im Glauben gut aufgehoben sei. „Die Lebensformen haben sich geändert, da muss sich die Kirche anpassen. Wir sollten nicht ins Mittelalter zurückfallen.“
Und für Bernward Mezger tut es den Gottesdienstbesuchern besonders leid. Er habe sein Amt super ausgeführt, sind sie sich einig. Doch für die Pfarrei St. Clemens sei er verloren. Die Geschichte sei einfach zu früh in die Medien gelangt. „Das ist ein Fall Kachelmann zwei“, sagt Helmut Bennewa. „Uns und vielen anderen Menschen tut die Geschichte leid“, fügt eine Frau hinzu.
Sie bleiben noch eine ganze Weile stehen und diskutieren weiter. Es gibt noch viel zu besprechen.
Propst Bernward Mezger ist mit Wirkung vom 14. August von seinem Amt beurlaubt worden. Das Bistum Essen wirft ihm einen Verstoß gegen den Zölibat vor. Mezger war in einer homosexuellen Community im Internet aktiv. Die katholische Kirche zweifelt nun seine Glaubwürdigkeit als Priester an und legt ihm nahe, „seine Lebenswirklichkeit im Dienst als Priester und die mit der priesterlichen Lebensform verbundenen Konsequenzen in Ruhe überdenken“.