Die Birkenhofsiedlung in Osterfeld. Beschaulich ist es hier. Schnuckelige Häuser, kleine Gärten, Stille. Es könnte alles so schön sein. Ist es aber zumindest für eine Bewohnerin der ehemaligen Bergarbeiter-Siedlung überhaupt nicht. Renate Kossira ist sauer. Jedes Mal, wenn die 59-Jährige aus ihrer engen Küche auf die Terrasse tritt, stößt ihr Blick auf diese Mauer – und sie ärgert sich wieder schwarz. „Ich steh kurz vor dem Kollaps“, sagt sie.

Die Mauer, das ist die Längsseite der Garage auf dem Nachbargrundstück. Die wirkt, sitzend auf Frau Kossiras Terrasse, in der Tat wie ein Koloss, entspricht jedoch in ihren Ausmaßen allen Gesetzen, denen der Bau von Garagen unterworfen ist.

„Es ist alles rechtmäßig“, sagt ein Stadtsprecher. Bis zu neun Meter Länge und drei Meter im Mittel sind zulässig. Die Baukontrolle sei vor Ort gewesen, aufgrund der Anrufe von Frau Kossira sogar mehrfach. Es habe jedoch keine Beanstandungen gegeben, so der Sprecher. Alle Messungen hätten ergeben: Die Garage ist zumutbar.

Renate Kossira sieht das anders, fühlt sich eingeengt, ja beinahe eingemauert von dem Unterschlupf für Nachbars Traktor (der Sohnemann hat das nunmal als Hobby). Mehrfach habe sie sich schon beschwert, „bis nach Düsseldorf“. Beim Besuch vor Ort wird jedoch schnell klar, dass das eigentliche Problem vermutlich ganz woanders liegt: Familie Kossira wohnt zur Miete, alle anderen um sie herum haben Häuser und Grundstücke gekauft und emsig um- und angebaut. Klar, dass Licht und Luft für das Ehepaar immer knapper werden.

„Bei Reihenhäusern sind Anbauten zugelassen“, erklärt Karl Stenzel vom städtischen Bereich für Bauordnung. „Die Beeinträchtigung für die Nachbarn muss jedoch erträglich sein.“ Eine Sache des Ermessens also, schwierig wie in allen solchen Fällen. Auch für sein Gefühl, so Stenzel, sei die Garage, die nur anderthalb Meter von Kossiras Grundstück entfernt steht, „eine große Sache“, dennoch: „Es ist zulässig.“ Offensichtlich hätten die Eigentümer des Hauses, Kossiras Vermieter, ja nichts dagegen, dass ihre Nachbarn anbauen. Für Mieter, so Stenzel, gebe es in solchen Situationen jedoch nur eine Lösung: „Wegziehen.“