Oberhausen. .

Vincent Castor testet schon einmal, was die Vuvuzela alles hergibt: „Noch nicht sehr viel“, lacht Michaela Breihan (44), Pfarrerin der evangelischen Christuskirche, ihren Schützling an. Kein Problem: Noch hat der 18-Jährige ja Zeit zum Üben.

Erst am 6. Juli fährt er mit acht weiteren Jugendlichen nach Johannesburg. Aber nicht, um das Endspiel zu sehen: „Wir fahren nicht zur WM“, sagt Agnes Venghaus (19), „sondern nehmen sie zum Anlass, um unsere Partnerkirche in Südafrika zu besuchen.“ Diese Partnerkirche ist die Uniting Reformed Church. Seit sieben Jahren besuchen sich deutsche und südafrikanische Delegationen, „doch es waren bisher nur Erwachsene beteiligt“, sagt Breihan. Jetzt ist es Zeit für die Jugend: „Schließlich führen wir die Partnerschaft irgendwann weiter“, sagt Agnes. Die WM sei ein freudiger Anlass zur ersten Jugendbegegnung, denn: „Fußball ist ein globales Thema.“ Und deshalb auch wie geschaffen, um interkulturelle Brücken zu bauen. „Falls uns das Gesprächsthema ausgeht, sprechen wir über die WM“, überlegt Lisa Kocks, mit 17 Jahren die Jüngste im Bunde. Vincent hat derweil andere Pläne: „Ich freue mich darauf, mit den Jungs zu kicken.“

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Von DerWesten

Drei Wochen bleiben die Jugendlichen in Südafrika, reisen von Johannesburg nach Bloemfontein, in die Provinz Freistaat. Agnes: „Wir wollen sehen, wie die WM gefeiert wird.“ Und vor allem: was für die Ärmeren dabei herumkommt. „Wer profitiert von der WM“, fragt Vincent. „Kommen die Investitionen bei der Basis an?“ Kritisch wollen sich die Oberhausener mit dem Spektakel auseinandersetzen und deshalb eben nicht ins Stadion gehen, sondern das Endspiel auf einem öffentlichen Platz verfolgen – „gemeinsam mit unseren Gastfamilien“, sagt Lisa. Von einigen haben die Reisenden bereits Fotos gesehen, andere seien noch nicht bestimmt. „Das ist afrikanische Gelassenheit“, lächelt Breihan.

Davon wollen sich die neun Oberhausener einiges zulegen: vor allem in Sachen Esskultur. Der Vegetarier Vincent ist gespannt, ob er eine dreiwöchige Diät machen wird, während Carolina Wimmer (19) zwar alles probieren will, ihr Gesicht aber doch merklich verzieht, wenn sie sich vorstellt, etwas zu essen, „das ich hier im Tiergehege streicheln würde“.

Seit einem Jahr hat sich die Gruppe mit Referaten und Filmen auf diese Reise vorbereitet. „Überrascht hat mich, wie lange es die Apartheid gab“, meint Agnes. Pfarrerin Breihan weiß davon einiges zu berichten: Sie war vor 20 Jahren in der Anti-Apartheid-Bewegung des Kirchenkreises stark gemacht. „Nun zu sehen, wie sich das Land entwickelt hat, darauf freue ich mich sehr.“

Carolina freut sich indes auf die afrikanischen Gottesdienste, „die viel lauter und bunter sind: Da singt nicht jeder für sich, sondern alle zusammen.“ Carolina ist übrigens die einzige „Externe“ der Gruppe: Sie ist nicht über den Kirchenkreis auf die Reise aufmerksam geworden. Ihre Freundin Agnes hat sie angesprochen. „Mein Vater war 2008 in Namibia. Er hat mir zu dem Trip geraten.“ Und zwar mit den Worten: „Kind, entdecke die Welt!“