Oberhausen. .
Auf dem früheren Gelände der Zeche Jacobi flattert ein „Schachtzeichen“ im Wind. Fritz Pamp, ehemaliger Bergmann, passt auf den gelben Ballon auf. Von früh bis spät. Jeden Tag.
Der Weg zur Jacobistraße führt durch die Jacobi-Kolonie. Kleine Zechenhäuschen, manche alt und manche etwas neuer, allesamt mit Liebe dekoriert, säumen die kleinen Sträßchen. Es ist zehn Uhr morgens, auf einem Schulhof toben Kinder. Ansonsten ist es hier ruhig, zwitschern Vögel. Eine ehemalige Malochersiedlung macht auf Vorstadtidylle.
Kein Wunder: Geschwitzt und geschuftet wird in nächster Nähe nur noch beim Einlochen auf dem Golfplatz. Dort, wo früher das Steinkohlenbergwerk Zeche Jacobi stand. Mit zwei Schächten und tausenden von Arbeitern. Heute sitzt dort, in seinem Campingstuhl, Fritz Pamp. Über ihm fliegt, gelb und rund wie eine prallgefüllte kleine Sonne, steht im grauen Himmel der „Schachtzeichen“-Ballon. Einer von 14, die in Oberhausen noch bis zum 30. Mai die Standorte früherer Bergwerke markieren. Ein Kulturhauptstadt-Projekt.
Von früh bis spät
Die Verantwortung für das fliegende Rund teilen sich der Bürgerring Osterfeld, die Arbeitsgemeinschaft Heimatkunde, der Stammtisch „Zeche Jacobi“ und der Ring deutscher Bergingenieure. Im Grunde ist es jedoch ein Mann, der von früh bis spät ein Auge hat auf das flatterhafte Revier. Wie viele Stunden er hier genau seit dem 22. Mai verbracht hat, will der 75-Jährige nicht verraten, aber es sind viel mehr, als er eigentlich geplant hatte, das hört man schnell heraus.
Und jetzt, wo er weiß, wie empfindlich dieser kleine Teil einer 4400 Quadratmeter großen Gesamtinstallation ist, ist der Rentner besonders auf der Hut. Immer wieder wandern seine Blicke nach oben, wo sich in 80 Metern Höhe friedlich und ohne Geräusch der gelbe Ballon wiegt. „Wir hatten Pech“, erklärt Pamp seinen Argwohn. Am Pfingstmontag, als es so stürmisch war, dass der Ballon am Anhänger befestigt werden musste, ruckelte er so lange herum, „bis er sich selbst drei Löcher reingemacht hat“. Ein irreparabler Schaden. Am Mittwoch kam Ersatz. „Der durfte aber nur eine Stunde in die Luft“. Wieder zu viel Wind.
36 Jahre unter Tage
Das alles bringt einen ehemaligen Bergmann natürlich nicht aus der Fassung. In aller Seelenruhe erzählt Fritz Pamp von der Geschichte der Zeche Jacobi – und von seiner eigenen, denn beides hängt zusammen. „Die erste Grubenluft habe ich 1958 geschnuppert“, sagt Pamp. 23 Jahre alt war er damals. Die Schule hat er nach der Mittleren Reife verlassen, „um meinen Eltern finanziell nicht zur Last zu fallen“. Bergmann sei damals ein Traumberuf gewesen, auch für ihn. „Aber bei der Einstellungsuntersuchung hieß es: Bergmann mit Brille? Unmöglich!“ Dann eben die Elektriker-Lehre. Nur: In der Bergschule gehörten sechs Monate Ausbildung Unter Tage dazu. Der Arzt drückte beide Augen zu. „Grubentauglich“ stand auf der Sondergenehmigung.
„Ich wollte nur ein halbes Jahr bleiben und dann wieder an die Sonne“, sagt Pamp und lacht, „am Ende sind es 36 geworden.“ Bereut hat er es nie, er ist stolz auf seinen Beruf. Deshalb kann er auch nicht verstehen, warum sogar die Schüler der benachbarten Jacobischule schon nicht mehr wissen, dass hier einst eine Zeche stand. „Das macht einen Bergmann traurig.“ Er selbst wird niemals vergessen: die Schächte, die Kaue, die gekachelte Lohnhalle („wie ein türkisches Dampfbad“), die Stilllegung der Zeche ‘74. Im Kraftwerk Osterfeld ging es für Pamp weiter. „Das hat 1992 dichtgemacht und mich gleich mit stillgelegt.“ Schön für alle Nachgeborenen. Denn jetzt hat Fritz Pamp Zeit, um uns von früher zu erzählen.