Oberhausen. Babyzeichen sollen Eltern helfen, ihre Kinder zu verstehen. Es handelt sich im Prinzip um eine vereinfachte Gebärdensprache, mit der Eltern und Babys miteinander „reden“ können - auch, wenn die Kinder noch nicht sprechen.

Es ist hell in dem Dachgeschoss der Familie Spelz. In der Ecke stehen Kinderstühle, rot, gelb, blau. Fünf Mütter sitzen im Kreis, ihre Kinder liegen in der Mitte auf einer Decke. „Ryan, Ryan, wo bist du?“, singen die Mütter und bewegen dabei ihre offenen Handflächen in einer weiten Geste nach außen. Beim Babyzeichen-Kurs von Claudia Spelz ist Mitmachen gefragt.

Babyzeichen – das ist im Prinzip nichts anderes als eine vereinfachte Gebärdensprache, mit der Eltern und Babys miteinander „reden“ können. Auch wenn die Kinder hören, profitieren sie von den Gesten, da ist sich Mama Inga Kusica sicher. „Ich hoffe, dass ich Michel dadurch besser verstehen kann, auch wenn er noch nicht spricht“, sagt die 36-Jährige, die einmal in der Woche extra aus Dorsten anreist, um an dem Kurs teilzunehmen.

Michel ist zwar erst neun Monate alt, aber laut Kursleiterin Claudia Spelz ist das keinesfalls zu früh, um mit der „Zwergensprache“ anzufangen: „Mit sechs Monaten ist ein gutes Alter, um die ersten Zeichen zu zeigen. Dann können die Kinder ihre Hände gezielt bewegen.“ Und noch eine zweite Eigenschaft erlernen Kinder dann: Dass etwas da sein kann, obwohl man es nicht sieht – die Voraussetzung, um sich über Abstraktes unterhalten zu können.

Allerdings, so Spelz, könne man den Kindern die Zeichen „nicht beibringen“. Je öfter man selbst die Gesten in den Alltag einbindet, desto besser. Ihr Sohn Frederik, heute zweieinhalb Jahre alt, zeigte mit einem Jahr zum ersten Mal das Zeichen „Licht“ – es war Weihnachten und draußen glitzerten Lampen und Laternen.

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Von Géraldine Lakermann

Ryan, ein siebeneinhalb Monate altes, propperes Baby und seine Mutter Viviane Büscher haben heute morgen schon eine halbe Weltreise aus Borken in Westfalen auf sich genommen, um zum Zwergensprache-Kurs zu kommen. „Meine Schwester macht auch hier mit, die wohnt in Duisburg und hat auch ein Baby. Da war der Gedanke da, etwas gemeinsam zu machen.“ Eine Zeit lang habe Ryan sehr viel geweint, und Viviane hätte sonstwas dafür gegeben, um zu verstehen, was er will, sagt die junge Mutter.

Claudia Spelz hat derweil eine Spieluhr aufgestellt, auf der sich zwei Marienkäfer drehen – solange, bis einer der beiden in einem kleinen Mund verschwindet. „Herr Pinz und Herr Panz treffen sich zum Tanz“, skandieren die hockenden Mütter und bewegen dazu ihre Finger wie kleine Ballettbeinchen.

Ob das alles nicht Unsinn ist, diese Kritik hat Claudia Spelz schon einige Male gehört. Die 28-Jährige ist Sozialarbeiterin und arbeitet mit Hörgeschädigten. „Schaden tun Babyzeichen auf keinen Fall. Vielmehr gibt es Studien, dass die Kinder etwas früher sprechen lernen und einen größeren Wortschatz haben. Man verwendet die Zeichen ja nicht alleine, ohne Worte.“ Seit Miriam auf der Welt ist, ist auch für den großen Bruder Frederik das Zeichenzeigen wieder interessanter geworden. „Auch wenn ein Kind schon richtig spricht, ist das eine tolle Geheimsprache oder ein Mittel, mit dem jüngeren Geschwisterkind zu reden.“

Miriam selbst steckt die meiste Zeit des Kurses heute im Tragetuch. Bis das drei Monate alte Mädchen selbst „mehr“ oder „Milch“, die beliebtesten Babyzeichen zeigt, wird es wohl noch dauern. Und wenn nicht, ist es auch ok: „Wenn es etwas den Alltag erleichtert und für ein paar schöne Momente sorgt, dann ist das doch super“, sagt Spelz. Die besten Voraussetzungen fürs Gebärden hat Miriam – schließlich sind Mama Claudia und Bruder Frederik längst Profis.