Die Bestattungskultur ändert sich, und mit ihr die Friedhöfe: Sie schrumpfen, und sie bekommen ein anderes Gesicht.

Die Natur holt sich den Westfriedhof zurück, Stückchen für Stückchen. Im südlichsten Zipfel der parkähnlichen Anlage, nur einen Steinwurf vom Kanalufer entfernt, wuchert dichtes Grün über ehemaligen Grabreihen. „Die Wege werden noch eingeebnet, dann wird der Bereich mit einer Hecke abgetrennt“, erklärt Werner Nagel, der bei der Oberhausener Gebäudemanagement GmbH (OGM) für die städtischen Friedhöfe zuständig ist.

Auch einige Meter weiter in Richtung Friedhofsmitte sind die Gräberreihen licht, leuchtet immer wieder sattes Grün zwischen den Gräbern. „Die Freiflächen werden immer größer“, erklärt Nagel, „auf dem West- und dem Nordfriedhof wollen wir Beerdigungen künftig nur noch in den Kernbereichen konzentrieren“, sagt er.

Zwar blieb die Zahl der Bestattungen in Oberhausen in den vergangenen Jahren relativ konstant – 2009 waren es 1357 – , doch die Veränderung der Bestattungskultur schlägt breite Schneisen in die Friedhofslandschaft. Mehr als 60 Prozent der 1359 Bestattungen auf den städtischen Friedhöfen im vergangenen Jahr waren Urnenbestattungen. Die Urnenstele als letzte Ruhestätte wählten die meisten (34,1%), es folgt das Urnenrasenreihengrab (15%), erst dann das Wahlgrab mit Sarg (12%).

Entwidmet, nicht geschlossen

Da Urnengräber deutlich weniger Platz in Anspruch nehmen als herkömmliche, gibt es auf den kommunalen Friedhöfen Überhangflächen, die nicht neu belegt werden, zudem sieht die OGM die Reserveflächen auf lange Sicht als nicht benötigt an.

Dies, erklärt Nagel, betreffe vor allem die beiden großen Friedhöfe im Westen und im Norden. Wenn auch die Schließung von Friedhöfen derzeit nicht angedacht ist, so könnten sie doch durch die Entwidmung freier Flächen schrumpfen, ein Prozess, der durch die lange Nutzungsdauer von Grabflächen Jahrzehnte dauern kann. „So gewinnt man etwa Kompensationsflächen für Bauvorhaben“, erklärt Nagel.

Doch nicht nur die Auslastung der Flächen auf den städtischen Friedhöfen ändert sich, sondern auch ihr Gesicht. Auf dem Feld 20 des Westfriedhofs werden gerade drei neue Stelen aufgestellt, schon in zwei Monaten werden die ersten Fächer belegt werden. Vor 20 Jahren wurden die ersten Stelen auf dem Friedhof in Alstaden aufgestellt, eher als Notfall-Lösung wegen des damaligen Platzmangels dort. Mittlerweile stehen 1150 Stelen auf Oberhausens Friedhöfen. Sollte sich der gegenwärtige Trend in der Bestattungskultur nicht wandeln, werden die übermannshohen Betonstelen schon bald viele Friedhofsbereiche prägen.

Auch die großen Flächen der Rasengräber – ihr Anteil machte bei den Bestattungen im vergangenen Jahr gut 25 Prozent aus – werden das Gesicht der Friedhöfe zunehmend prägen. Falls die Menschen nicht doch umdenken. Auf den Rasenreihengräbern am Feld 11 des Westfriedhofs sieht es nicht gerade ordentlich aus: Viele Grablichter und kleine Vasen sind umgefallen, liegen auf dem etwas zu langen Rasen. Die unauffällige Steinplatte mit dem Namen des Verstorbenen ist vielen Trauernden offenbar doch zu wenig. „Die Menschen wollen etwas mehr Individualität, wir tolerieren das in Maßen“, erläutert Nagel. So ganz in der neuen Friedhofswelt ist offenbar doch noch nicht jeder angekommen.