„Dies ist eine Schülerveranstaltung“, sagt Frank-Martin Lorenz einer Lehrerin, die sich in der hinteren Reihe zu Wort gemeldet hatte. „Deswegen sprechen hier die Schüler zuerst.“

Und das machen sie auch: Rund 200 Schüler der Klassen 10 bis 12 hatten sich in der Mensa der Heinrich-Böll-Gesamtschule (HBG) eingefunden, um mit Frank-Martin Lorenz vom Hamburger Verein Multivision über ihre Grundrechte zu sprechen. Als Experten hat Lorenz dazu René Pascheberg (SPD) und Alexander Slonka vom Verein Mehr Demokratie eingeladen.

Diskutiert haben die Schüler aber vor allem mit einem, der die Grundrechte anderer einschränken darf: Dieter Walter leitet den Bezirksdienst der Polizei Oberhausen und bringt nach einer schwammigen Geschmacksdebatte über Reality-Shows im Fernsehen den Begriff der Menschenwürde auf einen konkreten Punkt: das Maifest.

„In dem Moment, in dem die Polizei den Alkoholkonsum von Jugendlichen unterbindet, will sie damit eure Würde schützen.“ Denn es sei entwürdigend, so der Beamte, wenn ein Jugendlicher in seinem eigenen Erbrochenen liegt. „Und noch schlimmer ist es, wenn ein Mitschüler das mit seinem Handy aufnimmt und ins Internet stellt“, pflichtet ihm eine Schülerin aus der ersten Reihe bei.

„Aber ist es nicht eine Verletzung des Rechts auf Eigentum“, fragt ein Schüler, „wenn ein Polizist mir am Maifest eine Flasche Bier wegnimmt?“ Klar, so Walter. „Aber ich darf das, um andere zu schützen, die in dieser Nacht durch eine Glasflasche verletzt werden können, und auch um dein persönliches, höherwertiges Grundrecht zu erhalten: deine Würde.“

„Und wie ist das, wenn nicht der Polizist, sondern ein Lehrer einem etwas wegnimmt?“, hakt ein Schüler im weißen Hemd nach und berichtet davon, dass laut Schulordnung ein MP3-Player nichts im Unterricht verloren hat. „Die Lehrer nehmen sie uns aber auch in der Pause ab.“

„Das ist Diebstahl“, urteilt der Polizist. „Und da gibt es kein Aber.“ Die Lehrerin vom Anfang verlässt darauf den Raum – Ihre Schüler johlen und diskutieren weiter.

„Diese Schulordnung schränkt mein Recht auf persönliche Entfaltung ein“, sagt eine Schülerin im Rollkragenpullover. Piercings und Tattoos müssen im Unterricht abgeklebt werden, kurze Rücke und tiefe Ausschnitte sind verboten. „Das darf die Schule doch nicht bestimmen, oder?“

„Jede Schule darf eine Hausordnung erlassen“, erklärt Alexander Slonka, immerhin sei sie auf demokratischem Wege beschlossen worden. Den Rechtseifer der Jugendlichen will er aber nicht bremsen. „Jeder Schüler kann Einspruch erheben: Das ist euer freies Petitionsrecht.“