Wer holländische Kunst hautnah erleben will, muss keine lange Autofahrt mehr auf sich nehmen. Im Bahnhofsturm am Hauptbahnhof lädt die von Ruhr 2010 ins Leben gerufene Ausstellung „Gastgastgeber“ noch bis Oktober ein, die von niederländischen Künstlern gestalteten Räume zu besuchen.
Der dort angesiedelte „Kultur im Turm e.V.“ (Kitev), will durch Vernetzung mit Künstlern und Architekten Projekte in verschiedenen Kontexten verwirklichen. Durch eine Kooperation mit den niederländischen Ministerien gelang es unter der Leitung von Hans Venhuizen, die Designer Jürgen Bey und Gilian Schrofer für die Gestaltung der insgesamt sechs Räume zu gewinnen.
Seit Mai präsentieren die Kitev-Mitglieder Christoph Stark (Künstler) und Agnieszka Wnuczak (Architektin), die bereits 2006 zusammen den Museumsbahnsteig eröffneten, die Räumlichkeiten, die nicht nur zu Ausstellungszwecken genutzt werden: „Tagsüber schauen die Besucher sich die Zimmer an, nachts werden sie privat genutzt“, sagt Christoph Stark. Mit dabei ist ein Frühstücksgutschein, der in der Bäckerei im Bahnhof eingelöst werden kann.
Man könne meinen, es gäbe gemütlichere Orte, als einen Bahnhof. Allerdings kennt der Künstler Christoph Stark die Gründe, weshalb Jürgen Bey ihn zum Thema seiner Ausstellung macht: „Der Bahnhof ist ein neutraler Ort, an dem jeder sich zu Hause fühlen kann. Hier ist jeder gleichberechtigt, egal ob Obdachloser, Reisender oder Ladenbesitzer.“
Als Gäste im Ruhrgebiet empfangen die Holländer selbst Gäste und dieses Angebot wird gut angenommen. „Wir sind komplett ausgebucht“, berichtet Stark. Warum gerade Oberhausen? Darauf weiß der Künstler eine klare Antwort: „Genau hier gehört’s her. Diese Stadt ist ein wunderbarer Ort für alle Künstler zwischen Berlin und Amsterdam.“
Neben dem Bey’schen Design der Räume können die Besucher auch das Schaffen anderer Künstler bestaunen: Da gibt es zum Beispiel das abgedunkelte „Overheadprojektorzimmer“, in dem der Kontext zwischen Schaffung und Aktualitätsbezug oder die künstlerische Umsetzung des menschlichen Körpers im Mittelpunkt steht. Das „Puzzlezimmer“ befasst sich mit der Schnittstelle zwischen Kunst und öffentlichen Räumen: Puzzles von urbanen Gegenden und Papierschnitte mit dem Schriftzug „Ora et Labora“ geben der Aussicht auf die Industriewiege Oberhausen einen interessanten Interpretationsraum.
Aufwachen mitten im Ruhrgebiet in niederländisch designten Räumen - eine reizvolle Angelegenheit. „Man muss sich darauf einlassen. Dann kann man hier viel erleben“, sagt Christoph Stark. Trotz der minimalistischen Einrichtung gibt’s in der vierten Etage des Bahnhofturms einiges zu entdecken: Töpferwaren aus archäologischen Ausgrabungen, Informationen über die Welt der Natur, die Bibliothek im Flur oder Tipps rund um Veranstaltungen der Ruhr 2010.