Wer an diesem Donnerstag den Sonnenschein außen vor lässt und in die schattige Halle des Technologie Zentrums Umweltschutz (TZU) tritt, der tut das wohl mit einiger Hoffnung. Hoffnung auf einen Job.
„Wir haben 2000 Leute eingeladen“, sagt Peter Jörgens, Arbeitsvermittler bei der Bundesagentur für Arbeit. „Arbeitslosengeld I- und II-Empfänger“, ergänzt er. Und natürlich sei auch ansonsten jeder Interessierte willkommen. Tatsächlich lassen sich in der Zeit zwischen 9 und 13 Uhr 800 Menschen beraten. Werden 1040 Gesprächen mit Vertretern von 16 Zeitarbeits-Unternehmen aus Oberhausen und Mülheim gezählt. Ein Drittel der Gespräche führt zu einer Einladung des Interessenten in ein Unternehmen.
„Die Zeitarbeitsunternehmen hier zahlen alle nach Tarif“, versichert Jörgens. Die Agentur lädt jährlich zu der „Jobbörse Zeitarbeit“ ein. Auch mit dem Ziel, die Leiharbeit ihres Schmuddelimages zu entledigen.
Der Oberhausener Heiko Funke (39), seit Januar ohne Job, ist gespannt. 1994 arbeitete er für ein Leiharbeitunternehmen und machte keine guten Erfahrungen. „Ich musste immer die Arbeiten machen, die die festangestellten Arbeiter dort nicht machen wollten“, erinnert sich der Konstruktionsmechaniker für Metall- und Schiffbau. Aber er sagt auch: „Das ist lange her.“ Er ist mittlerweile sehr viel qualifizierter. Hat sich weiter gebildet zum Technischen Zeichner für Maschinen- und Anlagenbau, lässt sich zum Maschinenbautechniker ausbilden. Nun hofft Funke nicht nur auf einen Job, sondern auch auf bessere Bedingungen für Leiharbeiter.
Regine Brakensiek vertritt die andere Seite, die der Unternehmen, besser die von Armacell Personal Services. „In Oberhausen haben wir 50 Mitarbeiter, deutschlandweit über 300“, sagt sie über die Leiharbeiter. Es gibt Beschäftigte mit befristeten Verträgen und welche mit unbefristeten. „Unser Problem ist, dass wir die Hälfte der Stellen nicht besetzen können“, beklagt Brakensiek. Das liege nicht nur an mangelnder Qualifikation des Personals, sondern auch daran, dass die Unternehmen oft nicht so viel bezahlen wollten. Brakensiek fordert deshalb: „Wir müssen weg von diesem Billig-Image.“ Gerade Zeitarbeiter seien oftmals besser qualifiziert als andere Arbeitnehmer. Brakensiek: „Sie müssen sich ja immer wieder umgewöhnen.“ Dann zeigt sie auf einen Pin-Wand mit Jobs, für die sofort jemand gesucht wird. „Bei Elektrikern gibt es schon Kunden, die bitte machen“, verdeutlicht Brakensiek, wie dringend sie gesucht werden. Mit einer Tischlerei, die auch wieder sucht, arbeiten sie schon lange zusammen. „Die übernehmen nach zwei Jahren Probezeit auch“, sagt Brakensiek.
Die Übernahmequote von Leiharbeitern schildert Jörgens überhaupt als sehr hoch. „Sie liegt bei 30 bis 40 Prozent“, erklärt er. Gesucht werden übrigens Facharbeiter, Handwerker, Kaufleute, Buchhalter oder auch Kranken- und Altenpfleger, listet er einige der Job-Möglichkeiten auf. „Besonders für junge Leute ist die Leiharbeit interessant, weil sie Erfahrungen sammeln können“, so Jörgens. Deshalb hätten sie auch alle Jugendlichen unter 25 Jahren eingeladen. Und der Arbeitsvermittler betont noch einmal: „Alle Mitarbeiter bekommen Arbeitsverträge. Es gibt sogar Unternehmen mit Betriebsräten.“
Und wie sieht nun die Gewerkschaft die Leiharbeit? Immerhin gibt es in Oberhausen und Mülheim 566 Stellenangebote auf diesem Sektor. Kamen allein im April diese Jahres 229 dazu. Existieren in Oberhausen 40 Zeitarbeitsunternehmen.
„Wir haben nicht grundsätzlich etwas gegen Leiharbeit, sondern nur etwas gegen Missbrauch“, sagt Christian Iwanowski von der IG Metall-Bezirksleitung Nordrhein-Westfalen. Die Gewerkschafter sind bei der Börse auch mit einem Stand vertreten, um Arbeiter zu beraten. Dass in manchen Unternehmen nur noch Leiharbeiter beschäftigt sind, das ist Iwanowski natürlich ein Dorn im Auge. Er erzählt von einem Lager- und Logistikunternehmen in Krefeld, das ca. 80 Prozent Leiharbeiter beschäftigt. „Ein Extremfall“, so der Gewerkschafter, „normal sind fünf bis zehn Prozent.“ Leiharbeiter hätten ein erhöhtes Risiko entlassen zu werden, kritisiert Iwanowski weiter. Nicht alle Tarifverträge seien zeitgemäß. Der niedrigste Tariflohn in NRW liege bei 4,80 Euro.
Deshalb der Tipp des Gewerkschafters: „Die Leute sollten sich die Angebote anschauen und die Tarifverträge bei uns prüfen lassen.“ Seriöse Firmen geben den Arbeitsvertrag auch mal für einen Tag mit, damit man ihn gründlich durchgehen könne.
Im übrigen gibt es für die meist nicht leicht erreichbaren, weil verstreuten Leiharbeiter, eine Hotline 01803-100 218, ein Serviceangebot vom Deutschen Gewerkschaftsbund NRW und der Landesregierung. Hier erhalten Leiharbeiter Antworten auf Fragen. „Die Anrufe werden zusätzlich ausgewertet, um schwarze Schafe unter den Unternehmen ausfindig zu machen“, so Torsten Schulz von der Hotline.