Überforderte Pflegekräfte. Papierkram, der die Zeit für den Dienst am Menschen schluckt. Und jetzt auch noch oft schlechte Noten für Alten- und Pflegeheime. Die Negativ-Nachrichten reißen nicht ab. Wie fühlt man sich da eigentlich als Betroffene, als Pflegefachkraft?
Altenpflegerin Jennifer Sporken (29) bleibt gelassen. Sie weiß schließlich, was sie tagtäglich leistet. Und wenn sie Menschen von ihrem Beruf erzählt, reagieren die eher mit Respekt: „So einen schweren Beruf hast du“, bekommt sie dann oft zu hören. Jennifer Sporken arbeitet schon seit Jahren für das Altenzentrum St. Clemens in Sterkrade. Und sie gibt zu, dass der Beruf körperlich wie psychisch anstrengend sei. Aber ein Leben ohne ihn kann sie sich dennoch nicht vorstellen. Auch wenn sie mal Kinder hat, will sie weiter arbeiten. Wenn auch nicht mehr ganztags.
Dabei hatte sie nach der Schule eigentlich Krankenpflegerin werden wollen. „Ich habe im Krankenhaus ein Jahrespraktikum gemacht“, erzählt sie. Aber danach war Jennifer Sporken mit 17 Jahren damals noch ein Jahr zu jung für die Ausbildung. „Wegen der Schichtdienste haben sie lieber 18-Jährige genommen“, erinnert sie sich. Ihr Chef sagte ihr dann, werde doch Altenpflegerin und komm danach zurück. Gesagt. getan. Dann kam doch alles anders und Jennifer Sporken nicht zurück. „Ich dachte, im Altenheim sei die Arbeit eintönig, immer das Gleiche, viel Routine, immer die gleichen Leute. Aber so war es dann doch nicht.“ Nach ihrer Ausbildung wollte Jennifer Sporken nichts anderes mehr sein als Altenpflegerin. Punkt.
„Man baut hier eine Beziehung zu den Leuten auf“, sagt sie. Und mit Blick auf den auch harten Job: „Man bekommt so viel von den Menschen zurück, so viel Dankbarkeit.“ So viele Lebensgeschichten hat sie schon gehört. Spannend sei das. Natürlich gebe es neben den ganz lieben und dankbaren Menschen auch andere. „Aber das ist es gerade, was den Beruf spannend macht, auch mit den anderen klar zu kommen“, sagt sie.
Und natürlich sieht sie viel Elend. Ist jedoch auch in der Lage, dieses Elend zu lindern. „Wenn wir sehen, dass jemand im Sterben liegt“, setzen wir uns dazu“, nennt Jennifer Sporken ein Beispiel. Dann wird der Tag halt anders gestaltet, muss jemand die übrige Arbeit übernehmen. „Nach meinen Erfahrungen, merken die Menschen es schon, wenn jemand da ist. Die meisten werden ganz ruhig, wenn ich ihre Hand halte.“ Und wie geht sie mit dem Tod um? „Die meisten Bewohner sind 80, 90 Jahre alt, sie haben ihr Leben gelebt. Wenn sie dann in Ruhe nach oben fahren dürfen - Jennifer Sporken zeigt gen Himmel - ist das für mich okay.“
Ansonsten sind ihre Aufgaben vielfältig. Waschen und Anziehen der Menschen. Bettlägerige regelmäßig anders lagern. Bei Toilettengängen helfen. Medikamente vorbereiten. Essen reichen. Die Dokumentation kostet viel Zeit. Besonders die Pflegeplanung. „Dokumentation ist wichtig“, sagt die Altenpflegerin dennoch. Nur manches findet sie übertrieben. Da frage sie sich: „Hat der Bewohner etwas davon?“
Altenpflegerin Juliane Stiller empört
Altenpflegerin Juliane Stiller ist empört über die ihrer Meinung nach negative Darstellung der Altenpflege in den Medien. „Ich arbeite seit 17 Jahren in der Altenpflege“, schreibt sie.Und heute sieht es bei ihr so aus: „Ich kämpfe jeden Tag gegen die Widrigkeiten unserer Zeit, um jedem älteren Menschen gerecht zu werden, ohne Rücksicht auf meine Gesundheit und meine Familie.“ Seit Jahren arbeite sie im aktiven Schichtdienst, habe Rufbereitschaften, sei an Wochenenden, Feiertagen und auch in der Nacht im Dienst.
Stiller: „Seit wie viel Jahren muss ich erleben, welche Pressemitteilungen, welche Berichte im Fernsehen über den Beruf Altenpflege zu finden sind. Seit wie viel Jahren erlebe ich, dass alle Nachrichten nur negativ sind.“ Sie warte seit vielen Jahren darauf, dass die Gesellschaft ihren Berufsstand anerkennt. Sie frage sich, wo die positiven Nachrichten seien. Und: „Wo wird dargestellt, was wir täglich leisten, mit welchen Entbehrungen wir leben müssen.“ Mit den neuen Qualitätsprüfungen habe erst recht ein Spießrutenlauf für Unternehmer und Mitarbeiter in der Altenpflege begonnen. Stiller: „Eines Tages stehe ich auf der Straße mit einem Transparent in der Hand, auf dem steht: Altenpflegekräfte in Deutschland, steht auf und wehrt Euch.“