Oberhausen. Das Publikum der Lichtburg beweist Gefühl: Es hat sich das Drama „Precious“ gewünscht. Das Walzenlager ist diese Woche frankophil: Agnès Varda schaut auf ihr Leben und Dany Boon übt ein neues als Hausmann.
Precious – Das Leben ist kostbar
Harlem, 1987. Die 200 Kilo schwere Teenagerin Precious, vom Vater vergewaltigt, von der Mutter misshandelt, flüchtet sich in Tagträume, die ein besseres Leben verheißen. Obwohl schon in der neunten Klasse, kann das Mädchen weder lesen noch schreiben. Als Precious von der Schule zu fliegen droht, schließt sie sich einem alternativen Lehrprogramm an und stößt auf eine verständnisvolle Lehrerin. Die entdeckt das kreative Potenzial ihrer Schülerin.
Gabourey Sidibe spielt die Antiheldin dumpf, trotzig, schwerfällig, doch im Inneren kämpferisch und hoffnungsfroh. Für ihre Darstellung der gewalttätigen Mutter bekam die Komikerin Mo’Nique, die selbst als Kind missbraucht wurde, den Oscar. Auch stark in einer Nebenrolle: Popstar Mariah Carey als Sozialarbeiterin. Lee Daniels erzählt eine gebrochene Emanzipationsgeschichte, die trotz ihrer Drastik funktioniert. Täglich um 17.30 und 20 Uhr. Aber: Am 28. April baut die Lichtburg für die Kurzfilmtage um und hat geschlossen.
Die Strände von Agnes
Agnès Varda, die große französische Filmkünstlerin, hat sich wieder einmal ihrer Lieblingsbeschäftigung hingegeben: dem Suchen, Sammeln und Stöbern. Gefunden hat sie diesmal das eigene Leben. Oder, besser gesagt: unzählige Bruchstücke daraus. Fotos, Filme, Begegnungen, Landschaften. Das Ergebnis: ein überbordendes Kaleidoskop aus Bildern und heiter-melancholischen Erinnerungen an Menschen und Orte, die sie prägten. Das Elternhaus in Brüssel, unbeschwerte Tage im kleinen Küstenort Sète, Ausbildung zur Fotografin in Paris, die 60er Jahre, die viel zu kurze gemeinsame Zeit mit Jacques Demy. Amerika, China, Kuba, die geliebte Insel Noirmoutier, Freunde, Weggefährten. Die Geburt der Tochter und der Nouvelle Vague. „La Pointe courte“, „Cléo de 5 à 7“, „Les Créatures“, „Vogelfrei“ – und immer wieder Häfen, Fischer und Strände.
Mittendrin die Regisseurin, verspielt, ein bisschen verrückt und voller Ideen, die all diese kleinen Schnipsel zu einem verblüffenden und beglückenden Film montiert.
Die bedeutendste französische Dokumentarfilmerin hat ihre eigene Biografie träumerisch dokumentiert. Der mit dem César ausgezeichnete Film ist kein Denkmal geworden, sondern ein großes Geschenk an das Publikum. Original mit deutschen Untertiteln. Heute und am Dienstag, 27. April, um 20 Uhr, am Sonntag, 25. April um 18 Uhr.
Auf der anderen Seite des Bettes
Ariane (Sophie Marceau) kocht vor Wut: Ihr Mann Hugo (Dany Boon) nervt mit seinen Ansprüchen, einen perfekt funktionierenden Haushalt und ebenso perfekt funktionierende Kinder vorzufinden, wenn er müde von der Arbeit nach Hause kommt. Vor die Wahl gestellt, verlassen zu werden oder ein Jahr lang Arianes Job zu übernehmen, stimmt Hugo dem Rollentausch zähneknirschend zu. Hugo arrangiert sich erstaunlich schnell mit seinem neuen Tagesablauf: Die Kinder zur Schule bringen und das bisschen Haushalt ist ja wirklich nicht so schwierig!
Ariane hat sich ihr neues Leben allerdings einfacher vorgestellt – und dass Hugo so viel Gefallen an seinem Job als „Hausmann“ findet, war erst recht nicht geplant. Frustriert will sie das Experiment abbrechen, aber da spielt Hugo nicht mit…
Dany Boon („Willkommen bei den Sch’tis“) und Sophie Marceau („La Boum“) geben das perfekte Leinwandpaar in dieser charmanten französischen Komödie über den Rollentausch in einer Beziehung. Sonntag, 25. April und Montag, 26. April jeweils um 20 Uhr, am Dienstag, 27.April, um 18 Uhr.