Oberhausen.

„Du siehst aus wie ein Schwein!“ - „Und blöd bist du sowieso!“ Mit erhobenem Kopf geht Dennis zügig an seinen Mitschülern vorbei. Die Schimpfworte prallen an ihm ab, wie der Regen an der Haut eines Elefanten.

„Die können mir nix“, hat der Achtjährige im Kopf - und damit schnell begriffen, was Sportpädagogin Sibylle Wanders ihm und seinen Klassenkameraden mit dem Projekt „Gewaltfrei Lernen“ vermitteln will.

Rangeleien auf dem Schulhof, Beschimpfungen, Mobbing: Auch in Oberhausener Grundschulen gehört das längst zum Alltag. Zehn Grundschulen in NRW erhalten auch deshalb dank der Stiftung Kunst, Kultur und Soziales der Sparda-Bank West ein Konflikttraining, in Oberhausen ist lediglich die Josefschule dabei. „Weil die Josefschule in einem schwierigen sozialen Umfeld liegt“, sagt Wolfgang Röer, Geschäftsstellenleiter der Sparda OB Mitte. „Aber auch, weil hier vorbildliche Präventionsarbeit betrieben wird.“ Davon zeigt sich auch Sibylle Wanders, Geschäftsführerin der Kölner Konfliktschulung Gewaltfrei Lernen, beeindruckt: „Ich habe schon an vielen Schulen gearbeitet, aber hier ist die Atmosphäre besonders familiär.“

Kein Wunder, sorgten Schulleiter Joachim Robbers und sein Team doch dafür, dass es vor Unterrichtsbeginn ein gemeinsames Frühstück für alle gibt. Im Schulgarten wird fleißig gesät und geerntet. Seit Jahren wird „Mein Körper gehört mir“, ein Stück gegen sexuellen Missbrauch, aufgeführt. Nun also „Gewaltfrei Lernen“. Joachim Robbers meint: „Es ist wichtig, dass man mit Tätern arbeitet, aber wir finden es besser, wenn wir die Kinder so stärken, dass sie vielleicht nie zum Opfer werden“. Klassenlehrerin Käthe Dönges nickt. Sie ist stolz auf ihre 2b, die super mitmacht.

„Wenn du ausrastest, weil dich Kinder beleidigen oder wenn du mitlachst“, erklärt Sibylle Wanders gerade, „werden die dich nur noch mehr ärgern“. Statt dessen sollten die Kinder sich lieber vorstellen, sie seien Giraffen oder Elefanten. „Einfach darüber erhaben sein oder so dickhäutig, dass alles abprallt.“

Doch weil Ignorieren allein nicht immer hilft, kombiniert das Training an drei Tagen eine Anti-Mobbing-Schulung sowie eine Streitschlichtung mit dem Einüben neuer Verhaltensregeln und der gezielten Selbstverteidigung in Notsituationen. „Bei der Selbstverteidigung vermitteln wir den Kindern Abwehrtechniken, zeigen ihnen, wie wichtig Körperhaltung, Blickkontakt und die Lautstärke ihrer Stimme sind“, sagt Sibylle Wanders. Doch nicht nur alle Grundschulkinder nehmen an dem Unterricht teil.

„Auch die Eltern werden bei einem Infoabend durch Rollenspiele für das Thema sensibilisiert“, so die Dipl. Sportpädagogin. „Auch Lehrer und Betreuer des Ganztagsunterrichts werden fortgebildet, damit Programmeinheiten im Schulalltag erhalten bleiben.“ Im Sportunterricht zum Beispiel. Aber auch auf dem Schulhof, wenn es zu Drängeleien kommt. Aleyna (7), Sara (7), Emile (7) und Dennis (8) sind ganz bei der Sache. „Jetzt kann ich mich gegen meinen Bruder besser durchsetzen“, ist sich Aleyna sicher und übt die „Rutsche“: „Damit kann ich die Arme wegdrücken, wenn mich jemand an der Schulter festhält.“ Emile findet die „Schraube“ gut: „Da hat keiner mehr eine Chance, der mir die Arme auf den Rücken drücken will.“