Oberhausen. .

Kaum ein Verkaufsautomat musste über die Jahre so sehr leiden wie der kultige Kaugummi-Kasten. In Oberhausen ist er jetzt vom Aussterben bedroht. Hier werden keine Genehmigungen für das Aufstellen von Automaten mehr erteilt.

Ein Polizeibericht wie eine Schreckensmeldung: In Mettmann verzeichneten die Ordnungshüter Anfang des Monats eine schwere Detonation. Verletzt wurde niemand. Doch Trümmerteile verteilten sich über die Straße, demolierten parkende Autos. Der Schaden: 3500 Euro. Das Opfer: ein Kaugummi-Automat, den Jugendliche im Übermut mit Knallkörpern zerstört hatten.

Angekokelt. Zerbeult. Geplündert. In die Luft gesprengt. Kaum ein Verkaufsautomat musste über die Jahrzehnte so sehr leiden wie der kultige Kaugummi-Kasten. Auch in unserer Stadt ist der Drehkreuz-Spaß vom Aussterben bedroht. Doch hier sind es nicht tumbe Krawallbrüder, sondern Regelungen der Stadt, die dem in die Jahre gekommenen Absatzort für zähe Gummi-Masse über kurz oder lang den Garaus machen werden. Denn: Genehmigungen für das Aufstellen von neuen Automaten im öffentlichen Raum werden nicht mehr erteilt. „Um eine Überfrachtung des öffentlichen Verkehrsraums zu vermeiden“, heißt es in der Amtssprache.

Zähne zeigen

Ein Trauerspiel(-zeug). Dabei sind die raren Exemplare längst nicht verschwunden. Die Farbe an den Kästen ist zwar abgebröckelt. Doch an Hauswänden und Bushaltestellen warten sie noch hungrig. Schlucken eifrig, was die Kleingeldfütterung hergibt. Für eine Handvoll Münzen.

Kaugummi-Automaten findet man in Rudeln. Oftmals stehen sie in Dreierbatterien dicht zusammen, ein Sichtfenster verschafft freien Blick auf die Verlockungen aus der Low-Budget-Klasse. Manchen von ihnen muss man die Zähne zeigen. Schließlich benötigen die Kaugummi-Kugeln in der Größe einer Murmel beim Verzehr den vollen Einsatz der Kauleiste. Auf den Werbeschildern locken „Fizzy Fruits“ und „Rain-Blo“. Ein bunter Überzug mit den Farbstoffen E102, E104, E110, E129, E132, E133 und E171 inklusive. Geschmacksrichtung: süß!

Ein Gefühl von Las Vegas

Es hat immer etwas von Las Vegas, wenn das 20-Cent-Stück im Münzschlitz verschwindet. Wenn das Drehkreuz sich per Handgriff bewegt. Wenn es knackt und der begehrte Inhalt ins Ausgabefach mit Klappe kugelt. Zumindest im Idealfall. Kunden mit langsamer Reaktion können ihrem Kaugummi auf dem Bürgersteig hinterherjagen. Manchmal versagt auch der Mechanismus. Selbst offensives Rütteln am Schluckspecht führt dann nicht zur erwünschten Warenausgabe.

Dabei ist die Miniatur-Welt der Automaten groß. Neben den Bubble-Gums stapelt sich allerlei Firlefanz in den Plastikbehältern. Gefangen in unscheinbaren Wunder-Kugeln. Ninja-Figuren für den Schlüsselbund. Plastik-Ringe für die Dame. Und klar doch: die guten alten Flummis. Einen Blick sollte man auch auf das Spielzeug „Sticky Auge“ werfen. Eine Nachbildung des menschlichen Auges aus Glibbermasse, die beim Schleudern gegen die Wand kleben bleibt. Garantiert ungenießbar! 50 Cent!

Kaugummi-Automat als Fundbüro

Viele spektakuläre Dinge warten im Inneren der Wundermaschinen, doch auch die Hülle erfüllt ihren Zweck. Der Kaugummi-Automat dient nicht selten als Fundbüro. Auf den Dächern der Boxen sammelt sich alles, was auf dem Bürgersteig so verloren geht – vom Turnschuh bis zur Wollmütze.

Da kommt bei den Nostalgikern Wehmut auf. Die Taschengeld-Kunden von heute sind jedoch längst auf Supermärkte und Kioske umgestiegen. Die Drehkultur wird fehlen.