Nein, hin- und herwandern will man nicht wieder. Eine „babylonische Leidenszeit von 17 Jahren Zweigstellen-Organisation“ führt die St. Michael-Hauptschule ins Feld.

Die katholische Schule platzt mit 72 Neuanmeldungen aus allen Nähten. Ihr Problem: Vier Klassen des „uralten Pavillons werden abgerissen, keine neue Klasse kommt dazu“, so Axel Lochthove, Vorsitzender vom Schulverein St. Michael. Die Klassenzimmer weichen einem 100 Quadratmeter großen Pausen- und Freizeitraum für den Ganztag. Im März 2008 hatte St. Michael bei der Schulaufsicht die „Umwandlung in eine Ganztagshauptschule“ beantragt. Und gefordert: „Die personellen und räumlichen Gegebenheiten müssen geschaffen werden unter Beibehaltung des jetzigen Standortes Knappenstraße 123.“

Um eine Schule unter einem Dach zu bleiben, müssten zwei Klassenräume an den Ganztagskomplex angebaut werden. Schulleiter Alfons Fiedler spricht von rund 200 000 Euro Kosten. Geld, das die Stadt nicht hat. „Wir haben der Schule angeboten, die Knappengrundschule zu übernehmen, die ab Sommer leer steht“, sagt Manfred Przybylski, Leiter des Schulverwaltungsamtes. Die Knappenschule sei nur drei bis fünf Minuten Fußweg entfernt. St. Michael wolle jedoch nicht mehr mit Dependancen arbeiten. Przybylski wundert sich über „die plötzliche Aufregung“. Schulaufsicht und Schulleitung hätten doch gegenüber der Bezirksregierung erklärt, „wir können ab Sommer 2010 den offenen Ganztag durchführen“. Damit sei doch klar gewesen, was auf die Schule zukomme. Dazu, dass St. Michael entgegen dem allgemeinen Hauptschul-Trend boomt, sagt er: „Ein Schulleiter darf nur Kinder im Rahmen der ihm zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten aufnehmen.“ Für dreimal 30 Kinder müsste an St. Michael immer Platz sein.

Lochthove jedoch hat den Fraktionen schriftlich noch einmal mitgeteilt, dass es für die vier Klassen, die wegfallen, keinen Ersatz gebe. Der Unterricht könne nur in Dach- und Keller- oder Fachräumen stattfinden. „Nachdem die Bevölkerung Groß-Oberhausens mit wenigstens 72 Neu-Anmeldungen für den 5. Jahrgang ein klares Votum für diese Schule gegeben hat, ist die Politik am Zuge, der Schule optimale Lernbedingungen zu schaffen“, schreibt er.

Rektor Fiedler wiederum verweist auf die Erfahrungen, die man mit Zweigstellen gemacht habe. Und zwar mit gleich zwei Dependancen. 17 Jahre lang – bis November 1991 – pendelte man zwischen Alt-Oberhausen, Styrum und Essen-Dellwig hin und her. Die Jahre der Wanderschaft endeten erst, als man 1991 das das ehemalige Gebäude der Knappengrundschule auf dem Gelände von St. Michael mit nutzen konnte. 1996 wurde dann noch angebaut.

Die Schulleitung spricht von einer „signifikanten Qualitätsverbesserung seit 1991, als die letzte Zweigstelle aufgegeben werden konnte“.

Allein der Qualitätsgewinn ist nicht ausschlaggebend für die ablehnende Haltung gegenüber einer Zweigstelle in der heutigen Knappengrundschule. Zwei weitere Argumente hat Rektor Fiedler in der Hinterhand: „Die Programmatik der Schulen und die Gesellschaft haben sich geändert.“

Mal abgesehen von der Organisationproblematik zweier „Mini-Systeme“ seien spezielle Angebote der Schule – etwa die Streitschlichtung an zwei Standorten – nicht möglich. So versammeln sich alle Kinder in der großen Pause, um gemeinsam Probleme zu besprechen, nennt Fiedler eines von vielen Beispielen. Und was die Gesellschaft betrifft, hat die Schule ihre eigenen Wege beschritten, um Defizite aufzufangen. „Hier muss jedes Kind jeden Lehrer kennen, die Kollegen müssen sich gegenseitig stützen können“, so Fiedler. Das so wichtige Beziehungsgeflecht würde durch zwei Standorte „angeknackst“.

Der Ganztag der St. Michael-Hauptschule ist ein Thema für sich. Die Schule bot ihn nämlich bereits in ihrem Gründungsjahr 1968 an. 90 Prozent der Schüler nahmen daran teil. Eine „pädagogische Revolution für Oberhausen war das“, sagt Schulleiter Alfons Fiedler. Da es auch Mittagessen gab, hieß es damals „die Katholen locken die Schüler mit Suppe“. So ganz gern gesehen war die katholische Schule im sozialdemokratischen Oberhausen wohl nicht.

Später musste man aus vielerlei Zwängen heraus den Ganztag auf die 5. und 6. Klassen beschränken. Dann wiederum hatte ab Klasse 7 jeden Tag ein Jahrgang von 14.30 bis 16 Uhr Unterricht.

Als die Regierung in Düsseldorf eine „Qualitätsoffensive Hauptschule“, startete und bei allen Hauptschulen des Landes NRW den Ausbau des Ganztagsangebotes anregte, beantragte auch St. Michael im März 2006 die volle Ganztägigkeit. „Erst im 3. Anlauf hatte der Antrag der Schule Erfolg“, heißt es in der Festschrift zum 40. Geburtstag von St. Michael.

Grünes Licht gab es spät, nachdem sich Staatssekretär Günter Winands aus dem Schulministerium und der damalige Ruhrbischof Dr. Felix Genn für St. Michael stark gemacht hatten, so Rektor Fiedler.

Zum Thema Geldnot der Stadt sagt Schulleiter Fiedler: „Man versteckt sich hier zu schnell hinter dem Haushaltssicherungskonzept, anstatt nach anderen Möglichkeiten der Finanzierung zu suchen.“ So könnte man die 70 000 Euro Renovierungskosten für die Knappenschule sparen, weil St. Michael dort nicht reinginge. Für das Gelände gebe es außerdem Kaufinteressenten. Oder: „Wir haben gute Kontakte zu Unternehmen, die würden die 200 000 Euro vorfinanzieren“, ist der Rektor sicher.

Kommentar

Eine Schule als Politikum? Die St. Michael-Hauptschule ist nicht nur konfessionell gebunden. Sie nimmt ob ihrer pädagogischen Erfolge auch noch denjenigen den Wind aus den Segeln, die ausschließlich auf Gesamtschulen setzen und die Hauptschule gerne abgeschafft sähen. Dass St. Michael so zum Politikum wird, ist nicht auszuschließen.