Oberhausen. .

Familie Weber hatte Odyssee-Gäste aus Polen. Viel Zeit zur Stadterkundung blieb nicht.

Nein, geträumt hat sie von der Odyssee nicht, sagt Renata Derejczyk. So erledigt sei sie nach dem Theater-Marathon am Vortag gewesen, dass sie gleich in einen tiefen, ruhigen Schlaf gefallen war. Nun sitzen die Polin und ihr Mann am Frühstückstisch der Eheleute Weber in Holten. Es gilt, sich zu stärken für den zweiten Teil der Irrfahrt mit Aufführungen in Moers, Mülheim, Dortmund.

Es gehört zum Konzept dieses aufwendigen Ruhr 2010-Projekts, dass die Gäste bei Einheimischen unterkommen und so zusätzlich zu ihrem Bühnenprogramm Einblick in die Alltagskultur des Reviers erhalten, was auch immer das heißt. Bei Jürgen und Katharina Weber jedenfalls haben die Besucher aus Krakau es gut getroffen. Das ehemalige Werkshaus der Ruhrchemie, in dem der pensionierte Ingenieur und seine Frau leben, ist von größter Behaglichkeit und das Frühstück erste Sahne. Es gibt sogar Croissants.

Ganz zu schweigen von den herzlichen Gastgebern, die vor Jahrzehnten selbst zuzogen und ihre heutige Liebe zur Region weitergeben möchten. Leider bleibt nicht viel Zeit dafür, der Fahrplan der Odyssee Europa ist eng getaktet. Jürgen Weber bedauert, dass er seinen Gästen den Gasometer nicht zeigen kann. Beim Frühstück legt er eine CD des Alphorn-Konzerts auf, das ihn dort so begeistert hat, aber es ist nicht das gleiche.

Am Vortag haben sie zwischen den Vorstellungen in Essen und Bochum immerhin einen Kurzbesuch auf Zollverein eingeschoben und gleich, auf dem Weg ins nächste Theater, soll das Paar die Moschee in Marxloh sehen, „zumindest von außen“. Um 11 Uhr müssen sie schon wieder in Moers sein, und alle sind immer noch ein bisschen geschafft – was auch daran liegt, dass sie am Abend vom Oberhausener Theater ins „Gdanska“ weitergezogen sind, wo Wirt Czeslaw Golebiewski seinen Landsleuten und ihren Gastgebern den einen oder anderen Wodka kredenzte. „Ich sollte sogar ein paar Worte sprechen“, sagt Lukasz Drewniak und lacht.

Der 38-Jährige arbeitet als freier Journalist für die Kulturbeilage einer polnischen Tageszeitung und für ein Wochenmagazin. Auch Renata Derejczyk (37) schreibt übers Theater und arbeitet selbst als Dramaturgin. Die beiden besuchen regelmäßig Aufführungen in Berlin. Das Ruhrgebiet als Kulturhauptstadt war ihnen bislang kein Begriff, die Odyssee Europa interessierte sie vor allem wegen Grzegorz Jarzyna. Der polnische Regisseur zeichnet verantwortlich für die Inszenierung des Essener Beitrags.

Lukasz Drewniak ist von der Idee des städteverbindenden Theaterreigens angetan. Er will einem Bekannten vorschlagen, das gleiche für die Region um Kattowitz zu planen – wenngleich er es für kaum vorstellbar hält, dass die Verantwortlichen der dortigen Häuser sich an einen Tisch setzen und auf Inhalte einigen.

Das Ruhrgebiet als solches erinnert Drewniak übrigens weniger an die ebenfalls von der Kohle geprägte Kattowitzer Gegend als vielmehr an Nowa Huta, die 1949 gegründete Planstadt am Rande Krakaus, die man dort lange Zeit als „Krebsgeschwür“ empfand und die nun junge Künstler für sich entdecken. Inzwischen, sagt Drewniak, geht es imagemäßig bergauf.