Der Raum ist klein, vollgestopft, riecht nach Klebstoff. Das Reich von Alex Wortmann (33) ist winzig, ist unspektakulär, aber hier entsteht Großes, Großartiges, Goldglitzerndes. Gemeinsam mit ihrer Kollegin und drei Kollegen kümmert sich Alex Wortmann im Metronom Theater um die Requisiten von „Wicked“. Glanz und Glitzer des aufwändigsten Musicals aller Zeiten werden aus engstem Raum entlassen.
Alex Wortmann ist Requisiteurin und damit auch „Jägerin und Sammlerin“. Sie hält ständig nach Dingen Ausschau, die sie irgendwann einmal gebrauchen könnte. Gerade eben hält sie „Musical-Weltliteratur“ in Händen. „Der Grimmerich“ ist das Zauberbuch des Stücks. Leder, in einer Buchbinderei in Italien gefertigt. Mit Goldschrift natürlich, aber seitenlos. Wortmann klebt Seite für Seite ein, um die Zaubertexte später noch auf alt zu trimmen.
Überhaupt sind hier Bücher über Bücher im Raum. Alte Schätzchen allesamt. „Pro Vorstellung sind 50 Bücher auf der Bühne“, sagt Wortmann. Manche haben sie ausgeweidet und mit Styropor gefüllt, damit sie schön leicht sind. In andere wurden auf Seiten Holzplättchen aufgeklebt, damit sie beim Schließen so richtig schön knallen. In Antiquariaten oder bei Wohnungsauflösungen haben sich die Requisiteure die Bücher besorgt.
Draußen vor der Tür lagern auf einem Wagen alte Koffer. Antike Koffer. Bestellt bei E-Bay, aufgespürt in Antik-Läden im Revier. Ein künstliches Mohnfeld braucht noch eben einen Friseur fürs Gras. Glindas Schuhregal, bloß Deko fürs Internatszimmer, ließe jede Frau vor Neid erblassen. Alex Wortmann zeigt, wie sie Schuh für Schuh mit Glitzersteinchen verziert, Pailetten aufgenäht hat. Kunstvoll, damit wirklich alles glitzert bei dieser Show, die extrem viel Feinarbeit bedeutet. „Seit Wochen basteln wir Zugfahrkarten und kleben Briefumschläge“, sagt Wortmann. Denn so ein Brief, der sei vielleicht zweimal auf der Bühne dann sei er fertig.
Die Requisite, das ist die reinste Zauberkiste. „Wir sind für alles zuständig, was auf der Bühne schön aussieht, womit der Darsteller spielt, wir sind auch für alle großen Teile zuständig, für alles, was Gold ist, was funkelt“, beschreibt die Requisiteurin ihr Aufgabenfeld. Tausend große, tausend kleine Dinge sind das. So viel, dass da Fantasie bei der Gestaltung gefragt ist, ist keine Frage. Wobei einer der Requisiteure als Supervisor anreiste. Der Supervisor hat selbst alles von den Amerikanern beigebracht bekommen. Weiß, wie alles aussehen muss. „Es gibt eine Grundvorlage, aber beim kleinen Detail hat man auch Freiheiten“, sagt Wortmann.
Alex Wortmann polstert Stühle. Produziert die Waffen der Wachen der Smaragdstadt. Speere aus ausgeschäumtem Schaumstoff, die nicht piksen dürfen. Wechselt Reifen bei den alten Fahrrädern. Hat einen Schminktisch ausgestattet mit silbernen Bürsten oder Flakons.
Und wenn alles fertig ist? Werden Dinge repariert. „Betreuen wir die Show. Reichen den Darstellern die Requisiten an, unsichtbar für die Zuschauer natürlich.“ Eventuell steht Alex Wortmann noch vor einer großen Herausforderung. „Es könnte sein, dass ich den Drachen bewegen muss.“ Der wird ja per Hand wie eine Marionette gesteuert. Alex Wortmann schnappt sich im Vorübergehen ein Glas, sagt: „Das ist auch so Fake, es sieht aus wie ein grüner Zaubertrank, dabei ist es bloß Window-Colour.“