Carlo Lauber ist mit seinen 61 Jahren der Senior unter den „Wicked“-Darstellern und eine Rarität in der Glitzerwelt des Musicals.
Das Musical an sich ist jung und schön. So jung und schön, dass man sich manchmal fragt, ob Darsteller bei Überschreiten des 40. Lebensjahres standardmäßig ins Betriebsbüro versetzt oder in ein geheimes, Stage Entertainment-eigenes Seniorenheim überwiesen werden. Die Geschichte von Carlo Lauber straft all diese bösen Gedanken Lüge. Carlo Lauber war längst 40, als er zum Musical fand. Ab Montag gibt er im Metronom-Theater den Zauberer von Oz.
Einmal mehr ist der gebürtige Wolfsburger ganz offensichtlich der Senior der Truppe. Das kennt er schon. „Egal, wo ich gespielt habe, ich war immer der Älteste“, sagt er. „Ist aber toll – ständig unter jungen Leuten, das hält fit.“ Carlo Lauber ist heute 61 Jahre alt und vom Prototyp des Musicalstars so weit entfernt wie „Wicked“ von einem Orgelkonzert: ein kleiner, älterer Herr mit randloser Brille und legerer Kleidung, der einem nicht weiter auffiele, käme er einem auf der Marktstraße entgegen.
Er kommt von
der Kirchenmusik
Mit Orgelkonzerten übrigens fing alles an. Lauber studierte zunächst Kirchenmusik. Die hatte allerdings ein relativ kurzes Gastspiel in seinem Leben, es zog ihn ans Theater und zur Schauspielschule in Hannover. Als Schauspieler versteht Lauber sich auch heute noch, aber das Regietheater mit seinen Exzessen und drastischen Bildern ist ihm fremd. Weshalb er zugriff, als sich die Möglichkeit zum Wechsel ins Musicalfach bot.
Das war Ende der 90er. Lauber machte Theater in Essen, wo er übrigens seit langen Jahren lebt. Ebenfalls in Essen spielte Andreas Bieber den „Joseph“ im gleichnamigen Musical. Eines Tages, wie könnte es anders sein, fiel ein Darsteller aus und Bieber, der Lauber kannte, holte ihn als Ersatz. Sicher, sagt Lauber rückblickend zu seinem Sprung über die festgefahrenen Grenzen zwischen den Genres, gibt es auch beim Musical „viel Mist“. Aber er mag Musicals sehr, sofern sie „wirklich Geschichten erzählen“ und auf „Lalla-Musik“ verzichten.
Die Rollen, für die er dabei in Frage kommt, sind rar, aber es gibt sie. „Ich habe da eine Nische gefunden, wo immer irgendwas anfällt, in das ich reinpasse.“ Viel tanzen muss er in der Regel nicht und die Gesangspassagen, sagt er, interpretiert er eher als Schauspieler. In „Ludwig II.“ etwa hat er dessen Gegenspieler gegeben, den Freiherr von Lutz. Kürzlich trug man ihm die Rolle des spaßbremsenden Monsignore in „Sister Act“ an. Und seine neue Rolle ist auch seine alte – den Zauberer von Oz hat er bereits in Stuttgart gespielt. „758 Vorstellungen habe ich schon, hier bekomme ich die 1000 voll.“
Freilich: Der Musical-Senior denkt bisweilen auch an den Ruhestand. Wenn sein jetziger Vertrag ausläuft, ist er 63, und das Leben im Show-Dauermodus wird nicht leichter. „Dann muss ich mir knallhart überlegen, ob ein weiteres Engagement in Frage kommt. Den Zeitpunkt zum Aufhören muss jeder selbst finden.“