Oberhausen. .

Im Tragetuchkurs am Oberhausener St. Clemens-Hospitale lernen Eltern, wie sie ihre Kinder sicher im Tragetuch ganz nah am Körper bei sich tragen können. Im Tuch fühlen sich Babys sicher und geborgen. Und gesund fürs Kind ist diese Art von Transport ebenfalls.

Ein Wurf über die Schulter, noch einer, einmal wickeln, Baby rein, festziehen, ein Knoten, fertig ist das Kunstwerk Tragetuch. Die Puppe Paula sieht zufrieden aus. Patric Essler ist es auch. Er hat Paula erfolgreich vor seinen Bauch gebunden. „Ich fühl mich gut, ich merk auch, dass das Kind total sicher bei mir ist.“ Beim Tragetuchkurs im St. Clemens-Hospitale ist Üben am Objekt erwünscht.

Der Mensch ist ein Tragling. Das sagt Irmgard Lang von der Elternschule des Krankenhauses. „Babys sind biologische Frühgeburten“, erklärt die Lehrerin für Pflegeberufe den anwesenden Müttern und Patric Essler. Deswegen sei es so wichtig, sein Baby zu tragen – an Mamas Brust (oder beim Papa), kann ihm nichts passieren. „Es ist eine Überlebensstrategie, nach dieser Nähe zu suchen.“

Keine Angst vor der Ökoschublade

Lang hat eine Auswahl an Tüchern und Tragen mit in die Elternschule gebracht, bunt ausgebreitet liegen sie auf dem Tisch. Angst vor der Öko­schublade brauchen Eltern nicht zu haben, wenn sie ihr Kind mit einer Hilfe am Körper tragen. Neben den Tragetüchern, die es in allen Farben, Längen und Mustern gibt, sind auch so genannte Komforttragen erhältlich, die man wie einen Rucksack umschnallen kann.

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„Mir ist es egal, wie ich damit aussehe“, sagt Essler, der sich extra von der Arbeit freigenommen hat, um seine Frau beim Tragetuchkurs zu begleiten. „Von mir aus auch in rosa – Hauptsache, es ist gut für unser Kind“. Er zuppelt noch einmal am Tuch und kontrolliert im Spiegel. Der 27-Jährige schaut stolz auf sein allererstes Wickelwerk: „Da kann das Kind nicht rausfallen. Wenn man das zwei, drei Mal gemacht hat, ist es gar nicht mehr so kompliziert, denke ich.“

Seine Frau Steffi Essler (25) hat schon etwas Probleme, die Puppe über ihrem großen Bauch zu platzieren. Noch acht Wochen sind es bis zur Geburt und sie hat sich fest vorgenommen, bis dahin zu üben. „Ich finde es sehr praktisch, wenn man die Hände frei hat, dann mit Kind eben in den Garten zu können oder zur Oma. Besser, als nen Maxi Cosi zu schleppen.“

Wie praktisch es ist, sein Kind im Tragetuch bei sich zu haben, das weiß Tatiana Füller (39) längst, und deswegen ist sie zur Tragetuchberatung gekommen. Sie hat schon zwei Söhne getragen und jetzt ist sie mit Naaja Lilian hier, um sich Kniffe zeigen zu lassen und damit „man mal draufschaut, ob das so richtig ist, wie ich das mache“. Der Orthopäde hat ihr geraten, die sieben Wochen alte Tochter viel im Tuch zu tragen, denn Naaja hat noch eine unreife Hüfte, die dadurch bei der Reifung unterstützt wird.

Endlose Stoffbahn

Naaja hält auch gleich als Versuchsobjekt her, wird in eine scheinbar endlose Bahn Stoff drapiert – und schläft nach drei Minuten friedlich an Mamas Brust gekuschelt ein. Das ist nicht ungewöhnlich, wie die Kursteilnehmer lernen, denn im Tuch fühlen sich die Kinder sicher und geborgen und werden gewiegt. Zudem hören sie Mamas oder Papas Herzschlag, der beruhigt zusätzlich.

Überhaupt gebe es noch viel mehr Gründe, sein Kind viel zu tragen, sagt Irmgard Lang. Sie stehen nacheinander an der Tafel: Es hilft gegen Koliken und Spucken, beruhigt Schreikinder, fördert die Stillbeziehung, trainiert den Gleichgewichtssinn und die Entwicklung überhaupt. Sogar zur Gewaltprävention soll es dienen, „denn wer sein Kind nah bei sich hat, versteht es besser.“