Oberhausen. .

Beim Wiederbelebungskurs für Säuglinge im Evangelischen Krankenhaus Oberhausen lernen Eltern, wie sie reagieren müssen, wenn ihr Baby aufhört zu atmen. Ramona Büddefeld hat diese Situation schon einmal erleben müssen.

Dr. Antje Stockmann sitzt vor zwei Dutzend stillen Zuhörern im Seminarraum des EKO. Die Oberärztin für Pädiatrie erklärt, warum Kinder im ersten Lebensjahr plötzlich aufhören zu atmen. „Der mit Abstand häufigste Grund ist der plötzliche Kindstod.“ SIDS, der Alptraum aller Eltern. Diejenigen, die heute Abend zum Kurs für Wiederbelebung von Säuglingen und Kindern gekommen sind, wollen wissen, was sie tun müssen, wenn er passiert.

In der rechten Hälfte des Saales haben sich die Familien Büddefeld und Ingenhag versammelt, acht Leute sind sie, die um den Tisch herum stehen und beobachten, wie Karin Ingenhag die kleine Reanimationspuppe beatmet. Vorsichtig bläst sie in Mund und Nase des Plastikbabys. „Ein wenig zu langsam,“ sagt Stockmann, „aber der Druck ist so gut.“

Luca ist gefährdet für den plötzlichen Kindstot


Ingenhags Enkel, Luca Büddefeld, ist acht Monate alt, ein fittes Kerlchen, wie seine Eltern glauben. Bis Mutter Ramona eines Nachts nicht schlafen kann und seinem Atem lauscht – der ausbleibt. Zwei Nächte lang zählt sie die Atemaussetzer ihres Sohnes, dann gehen die Eltern in die Klinik. Nach einer Nacht Schlafüberwachung ist klar, Luca ist gefährdet für das „Sudden Infant Death Syndrome“, den plötzlichen Kindstod. Mindestens bis zu seinem ersten Geburtstag muss er einen Monitor tragen, der seine Vitalzeichen überwacht.

„Ich habe Luca seitdem keine halbe Stunde mehr aus den Augen gelassen“, sagt Ramona Büddefeld. Sie und ihr Mann René haben im Evangelischen Krankenhaus noch vor Lucas Entlassung die Wiederbelebung von Säuglingen gelernt. Jetzt sind die Omas, Tanten und Onkel dran: „Jeder, der babysitten will, muss den Kurs machen. Und gebabysittet wird grundsätzlich zu zweit.“ Denn während einer die Wiederbelebung starte, könne der andere den Notruf absetzen. Für die Büddefelds ist das alles hier ganz konkret: Einmal hat Lucas Monitor seit der Entlassung bisher ernsten Alarm geschlagen – als die Mama ihn laut ansprach, kam Luca zu sich und schnappte nach Luft. Für Büddefelds Freundin Julia Mattheis war sofort klar, dass sie auch mitkommen will zum Wiederbelebungskurs: „Sonst trau ich mich ja gar nicht, auf das Kind aufzupassen!“ Seit dem Erlebnis findet Ramona Büddefeld sowieso: „Der Kurs sollte für Eltern Pflicht sein – für alle Eltern.“

Vergiftungen sind nur selten Auslöser für Atemstillstand

Bei der Wiederbelebung hat sich einiges geändert, hat die Oberärztin den Eltern und anderen Interessierten vor den praktischen Übungen in Kleingruppen erklärt. Das Gute: Die Unterschiede zwischen der Wiederbelebung von Kindern und Erwachsenen sind zusammengeschrumpft. 30 Mal schnelle Herzmassage, zwei Mal beatmen – bei Babys drückt man nur mit zwei Fingern und fängt mit fünf Atemstößen an. „Kinder haben selten ein Problem am Herzen, der Schwachpunkt ist die Atmung“, erklärt Stockmann.

Viel seltener als angenommen sind Vergiftungen Auslöser eines Atemstillstands, so die Oberärztin. Verkehrsunfälle und Ertrinken können ein Grund sein, dazu reicht schon eine kleine Pfütze. Oder Verschlucken von Gegenständen, Erdnüssen etwa: Wie man Babys richtig auf den Rücken klopft, um den Fremdkörper zu entfernen und wie man das bei größeren Kindern macht – auch das lernen die Seminarteilnehmer.

Angst vor dem plötzlichen Kindstod

Auch Robert Baljaj und Tanja Schulte-Lippern sind seit kurzem Eltern, und auch sie treibt die Angst um vor dem plötzlichen Säuglingstod. Sie versuchen, alle Risikofaktoren auszuschließen, wie etwa Überwärmung, zu weiche Matratzen, Rauchen und andere. Doch seit er sich selbst drehen kann, hat Baby Matteo entschieden, dass er lieber auf dem Bauch schläft statt wie empfohlen auf dem Rücken. „Wenn er dann die Nase so halb in die Matratze gedrückt hat, da werd ich ganz nervös“, sagt Papa Robert.

Er hat schon die Wiederbelebung geübt und schaut den anderen Teilnehmern zu. „So an der Puppe, wo nichts passiert ist, geht das gut. Wie ich das umsetzen kann, ich weiß es nicht. Aber es ist gut zu wissen, dass ich da eine Erinnerung dran hab – für den Fall.“