Oberhausen. .

In unserem Interview der Woche spricht TMO-Geschäftsführer Burkhard Koch über den berühmten Orakel-Kraken aus dem Sea Life, die Local-Heroes-Woche, Erfolge von 2010 und Chancen für die Innenstadt

Eine weiße Figur aus Ballonseide steht auf dem Centro-Platz und winkt mit dem Schriftzug „Ruhr2010“ . Burkhard Koch läuft an ihr vorbei, telefoniert.

Er habe noch schnell einige Neuigkeiten über Paul loswerden müssen, sagt der Geschäftsführer der Tourismus & Marketing Oberhausen (TMO) unserer Reporterin Stephanie Weltmann.

Herr Koch, sind Sie Paul eigentlich nicht böse?

Nein, warum sollte ich?

Er hat innerhalb weniger Wochen geschafft, woran die TMO seit Jahren arbeitet: Die Welt kennt Oberhausen.

Paul hat uns geholfen, aber auch die Monate vor der WM liefen für Oberhausen und die Region aus touristischer Sicht sehr gut. Hilfreich war, dass sich die Städte endlich als Region begreifen. Paul spielt in diesem Netz eine neue, wichtige Rolle: Gäste kommen wegen ihm in die Stadt und erleben so die Region.

Wie wird Paul ins Stadtmarketing eingebunden?

Es wird „Paul-Schalangebote“ geben und entsprechende Aktionen der Deutschen Zentrale für Tourismus, die in Madrid eine Dependance hat. Wir haben auch darüber nachgedacht – ähnlich wie beim Berliner Bären – zehn Kraken im Stadtgebiet aufzustellen.

Es läuft aber auch ohne Paul bisher ganz gut, richtig?

Im Mai hatten wir im Vergleich zu 2009 rund 30 Prozent mehr Gästeankünfte. Auch für Juni und Juli habe ich ein gutes Gefühl. Die Kulturhauptstadt ist ein großes Glück, auch wenn man im Nachhinein bestimmte Dinge anders hätte machen können.

Zum Beispiel?

Die Kreativwirtschaft muss stärker eingebunden werden.

Eine Chance für die alte Mitte?

Ganz klar. Mit „Kultur im Turm“ und „Freie Oberhausener Kreativwirtschaft“ sowie der Entwicklung am Saporoshje Platz ist die Basis gelegt. Nun muss man überlegen, wie man das einmal leer stehende Finanzamt einbinden kann.

Welche bisherigen Erfolge nehmen Sie aus 2010 mit?

Die Region hat gelernt, gemeinsam aufzutreten. Deshalb ist unser europaweit einzigartiges Besucherleitsystem so wichtig. Es wirkt über 2010 hinaus und wäre ohne die Kulturhauptstadt in den finanzschwachen Kommunen gar nicht möglich gewesen. Allein hier im Visitor-Center haben wir täglich 400 Besucher. Im Moment tut uns die Kulturhauptstadt einfach sehr gut.

Mit dem neuen B&B-Hotel haben wir jetzt 1800 Betten, die Auslastung ist aber rückläufig. Eine Fehlkalkulation?

Nein, das ist langfristig angelegt. Mit dem B&B-Hotel haben wir ein Angebot für Familien geschaffen, das sehr gut nachgefragt wird.

Am Sonntag, mitten in den Ferien, beginnt die Local-Heroes-Woche. Ein Bauchschmerzen-Termin?

Nicht jede Familie ist gleich zum Ferienstart weggefahren. Wir bieten Daheimgebliebenen und Touristen ein superspannendes Programm. Ich habe am Donnerstag, als die spanische Delegation hier war, wieder festgestellt, wie viel man in Oberhausen sehen kann. Die Bürger sollten die kommende Woche nutzen, um ihre Stadt zu entdecken. Wir wollen das barrierefrei fördern und mit der EVO noch im Sommer Fahrräder mit Elektro-Antrieb verleihen, mit denen man die Stadt ganz entspannt erkunden kann.

Gibt es sonst kulturelle Baustellen in Oberhausen?

Wichtig fände ich, dass Wirtschaftsförderung, Stadtentwicklung und Tourismus einheitlicher auftreten. Das gilt auch für Social Media, über die jeder Gast direkt und ehrlich Feedback geben kann.

Zentrale Anlaufstelle bleibt die TMO?

Bei aller regionaler Vernetzung kann „Ruhr Tourismus“ nur die übergeordnete Klammer sein. Standortspezifische Besonderheiten muss man aus der Stadt heraus betreiben. Die TMO hat ein kleines Budget, wir sind auf die Kreativität aller Beteiligten und auf Zufälle wie Paul angewiesen. Er hat gut vorgelegt. Paul ist auch mein Freund.

Eine erste Bilanz: Rekord-Mai

Noch liegen die Besucherzahlen für das erste Halbjahr nicht vor, doch die TMO kann bereits einen Rekord-Mai verkünden: Im Vergleich zum Vorjahr stieg die Zahl der Ankünfte um 29,3 Prozent, die Zahl der Übernachtungen um 22,1 Prozent. Damit hat Oberhausen nach Duisburg (35,1 Prozent) den mit Abstand höchsten Übernachtungszuwachs aller 22 kreisfreien Städte in NRW. Auf das Jahr umgerechnet liege man bei einem Plus von 6,3 Prozent, so TMO-Sprecher Michael Schmitz: „Die Zahlen sind ein Indiz dafür, dass die Kulturhauptstadt zieht.“ Und das in der ganzen Region: Mit rund 324 232 Ankünften besuchten rund 12,4 Prozent mehr Menschen das Ruhrgebiet als im Mai 2009.