Oberhausen. .

Bei der Methadonabgabe durch niedergelassene Ärzte droht ein Engpass. Findet sich keine Lösung, müsste die Stadt die Versorgung selbst organisieren.

Ulrich Hammerla ist 61 Jahre alt und damit unter seinen Kollegen noch ein „junger Hüpfer“, wie er scherzend sagt. Hammerla ist einer von fünf niedergelassenen Ärzten in Oberhausen, die Methadon an Suchtkranke abgeben. Zwei darunter sind jenseits der 70. Bei der Stadt, die die „substitutionsgestützte Behandlung“ zu gewährleisten hat, sieht man diese Entwicklung mit Sorge. „Die Gefahr einer Unterversorgung in nächster Zukunft ist durchaus gegeben“, heißt es im Geschäftsbericht des zuständigen Dezernats.

Mehr als 300 Patienten
im vergangenen Jahr

Das gilt umso mehr angesichts der Tatsache, dass die Zahl der Patienten – bei vereinzelten Schwankungen – steigt: Wurden 1999 vor Ort 205 Suchtkranke mit Methadon behandelt, waren es 2009 knapp 100 mehr. „Wir kommen jetzt an einen kritischen Punkt“, sagt Thomas Notthoff, stellvertretender Leiter des Bereichs soziale Angelegenheiten. Denn sollten sich für die in absehbarer Zeit ausscheidenden Ärzte keine Nachfolger finden, müsste die Stadt die Methadonabgabe selbst stemmen, sprich: eine Drogenambulanz einrichten.

Stadt will Konzentration
der Klientel vermeiden

Genau das aber möchte man vermeiden. „Wir organisieren den ganzen Bereich bislang so, dass er kaum auffällt“, sagt Notthoff und weist hin auf die Verteilung der fünf zuständigen Ärzte übers Stadtgebiet. Die Ambulanz brächte eine nicht gewünschte Konzentration mit sich. Ganz abgesehen von der Mehrbelastung für die Stadt. „Wenn wir es selber tun, bräuchten wir natürlich auch die Ressourcen dafür.“

Die Verwaltung hat deshalb Kontakt zu Ärztesprecher Heinrich Vogelsang aufgenommen. „Er hat zugesagt, seine Kollegen anzusprechen“, so Notthoff. Außerdem wolle man „alle Möglichkeiten ergreifen, an die Fachöffentlichkeit heranzutreten“. Freilich: Anreize schaffen kann die Stadt nicht. „Wir können nur über Bitten versuchen, dass man sich mit dem Thema auseinandersetzt.“

Ob das bei jungen Ärzten Eindruck macht, ist fraglich, der Job unbeliebt. „Der Verdienst ist dabei nicht das Problem“, sagt Ärztesprecher Vogelsang. „Die Kollegen verdienen in der Regel sogar etwas mehr.“ Genau 3,86 Euro pro Abgabe bekommt die Praxis, lohnend ist vor allem der Einsatz am Wochenende, bei einem Zuschlag von 8,24 Euro. Hemmnisse, so Vogelsang, seien vielmehr der erhebliche Aufwand und die zwangsläufige Frage: „Mache ich nur noch das?“ Denn der „Normalpatient“ geht ungern in eine Praxis, in der Drogenabhängige behandelt werden.

Zuständige Mediziner
haben ein Imageproblem

„Ein Substitutionspatient kostet uns fünf normale Patienten“, sagt Ulrich Hammerla aus eigener Erfahrung über das Imageproblem. Aus Altersgründen würde Hammerla gern eine Gemeinschaftspraxis gründen – stößt aber auf wenig Gegenliebe bei potenziellen Partnern. Auch bei Vermietern habe man es mit seiner Klientel schwer. Hinzu kommen ein erhöhter Bedarf an Personal für die penible Dokumentation der Betäubungsmittelabgabe und Kosten für die Sicherheit gegen Einbruch.

Ärztesprecher Vogelsang glaubt dennoch, dass sich Kollegen durchringen werden, die Aufgabe zu übernehmen. „Der stete Tropfen höhlt den Stein“, sagt er über seine regelmäßigen Hinweise auf den künftigen Bedarf. „In den meisten Fällen wird jemand mit einsteigen.“ Was Konkretes? „Bislang hat noch keiner jubelnd gerufen: ‘Ich mach’ das.’“