Oberhausen. .
Nach Optik und Akustik gewinnt die weitgehend unbekannte Haptik an Bedeutung im Handel mit Gütern aller Art.
Zu den fünf Sinnen zählt schon immer der Tastsinn, die so genannte „Haptik“. Dass unter Haptik weit mehr fällt als das bloße Tasten oder Fühlen, nämlich vor allem das konkret erfahrbare Sich-Anfühlen von praktisch allem, was man ergreifen kann, vermittelt schon eine Ahnung von dem weiten Feld, auf dem sich bewegt, wer sich mit Haptik beschäftigt.
Sabrina Schreiner, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Oberhausener Fraunhofer-Institut, tut das. Anfang vergangenen Jahres begann sie damit im Rahmen ihrer Diplomarbeit, jetzt vertieft sie gewonnene Erkenntnisse. Das Institut gibt ihr die Möglichkeit dazu nicht aus reinem Spaß an der Freud’, sondern weil sich offenbar ein noch längst nicht hinreichend ausgelotetes Geschäftsfeld dahinter verbirgt. Hier wollen Fraunhofer, hier will Sabrina Schreiner, für etwas Abhilfe sorgen.
Die 25-jährige Wissenschaftlerin erläutert: „Wir wissen, und das leuchtet jedem ein, dass Optik und Akustik beispielsweise in der Automobilindustrie wichtige Rollen spielen. Schönes Aussehen und satter Klang, der zufallenden Autotür etwa, sind echte Kaufargumente.“ Und hilfreich beim Kauf und Verkauf eines Autos kann auch sein, wie ein Stoff sich anfühlt, wie der Schaltknüppel dem Inneren der Hand schmeichelt, wie einladend oder auch abweisend die Hup-Fläche im Lenkrad ist.
Besser in der Hand
Bei Mobiltelefonen, weiß die Designerin, achten Hersteller längst auf solche Aspekte – da gibt’s im Innenleben sogar zusätzliche Gewichte, damit die Geräte besser in der Hand liegen. Oder zu denken ist an Digitalkameras, denen zunehmend Retro-Optiken verpasst werden, weil Menschen offenbar lieber Leder-Imitat spüren als glänzenden Chrom. Kommt es von ungefähr, dass Chrom gern das Adjektiv „nüchtern“ beigestellt wird?
„Man bewegt sich bei solchen Fragestellungen“, weiß die Wissenschaftlerin, „natürlich in Grenzgebieten. Da treffen Physik und Chemie auf Psychologie. Das macht das Thema so spannend.“ Und so schwer erforschbar. So schwer, dass es nach wie vor kein grundlegendes Werk gibt, das so etwas wie Spundwände Richtung Zukunft setzen würde.
Dass ihr das gelänge, glaubt auch Sabrina Schreiner nicht. Das ist aber auch nicht Ziel ihrer Arbeit. Ziel ist, Wege zu finden, mit deren Hilfe beispielsweise Autobauer Struktur und Beschaffenheit von Materialien gewinnbringend einsetzen können. Dazu gehört, dem irrationalen Glauben daran, dass sich Hirschleder besser anfühlt als Polyäthylen, den wissenschaftlichen Unterbau zu liefern.
Das in Oberhausen ansässige Fraunhofer Institut UMSICHT (Umwelt, Sicherheit, Technik) besteht seit 20 Jahren, was heute an der Essener Straße gefeiert wird.
Die „Mutterorganisation“ besteht seit 1949 und ist eine der großen und erfolgreichen Organisationen ihrer Art. Geheimnis des Erfolgs ist die ausdrückliche Verbindung von Wissenschaft und Wirtschaft. Es wird nicht „ins Blaue“ hinein geforscht, sondern mit konkretem Hintergrund – Verbindung wissenschaftlicher Arbeit und praktischer Anwendung für innovative Produkte, heißt es im Institut. Das hat der Namensgeber vorgemacht: Joseph von Fraunhofer war im 19. Jahrhundert Optiker, der nach einigen Erfindungen im Fernrohr-Geschäft reüssierte.