Zur Extraschicht zu gehen, das ist wie ein großes Museum zu besuchen: Die einen gehen rein und einfach drauf los, die anderen haben einen Plan, damit sie in wenigen Stunden genau das sehen können, was sie wollen.

Hier ist also der Plan.

Um 18 Uhr an der Niebuhrg an- und feststellen: Es hatten auch andere die Idee, sich vom Süden in den Norden hochzuarbeiten. An der Kasse tauschen sie ihre Karten gegen rote Eintrittsbändchen und verschwinden in einem Gebäude, das sie viel zu selten würdigen. Durch ein Labyrinth von Katakomben schieben sie sich, vorbei an kleinen Einzelausstellungen und hin zu den Gesängen des Gospelchors der Evangelischen Kirchengemeinde Sterkrade. In einem von Schwarzlicht beleuchteten Raum tanzen die Sternzeichen, weiter hinten will man bei den Trommlern der Welt stehen bleiben, da kommt eine Gruppe von Kindern vorbei. Mittendrin: eine menschgewordene Zeitmaschine. „Vielen Dank, dass ihr unsere Führung mitgemacht habt“, sagt es. „Hat sie euch denn auch gefallen?“ – „Ja!“

Und deshalb geht es weiter: Hinein in einen der Sonderbusse, in dem ein jüngerer Fahrer nicht mehr ganz neue Musik spielt und damit die 516 zur ganz privaten Partymeile erklärt. An ausgezeichneten Haltestellen hält er nur kurz, ruft aus dem Fenster: „Jemand zur Antony-Hütte?“

Dort steht Dr. Burkhard Zeppenfeld in einer Traube von Menschen über den Ausgrabungen eines ehemaligen Hochofens. „Ring of Fire“ singt dazu die Gruppe „Rock ‘n’ Feller“ aus dem Festzelt, bevor in der St.-Antony-Hütte selbst der sehr lebendige Geist von Gottlob Julius Jacobi aus dem Nähkästchen plaudert.

21.30 Uhr: Nach einem kurzen Besuch in der Ludwig Galerie, in der ein älterer Herr ratlos vor Claudio Bravos Madonna steht, während sich seine Enkelin daran erfreut („Guck mal, das Baby.“) strömt die Masse zu den geöffneten Fenstern des Schlosses. „Das ist mein erster Auftritt vor Publikum“, scherzt der Frontmann von „Expeditionsteam“, bevor er mit seiner siebenköpfigen Band zu hervorragendem deutschen Pop ansetzt und sein Publikum vorbei an den mit Luft gefüllten Lichtelementen den Rhein-Herne-Kanal entlang schickt.

Im Gasometer verweilt der Schichtdienstler unter dem bekannten Mond, der schon fast ein Freund geworden ist. Darunter in dieser Nacht: Zwei Leinwände, auf denen sich das Duo Karl-Heinz Mauermann und Frank Niehusmann mit elektronischer Musik ein Gefecht aus Bildern liefert. In hypnotischer Frequenz tauschen Farben ihre Formen und lassen den Zuschauer die Zeit ganz vergessen.

23 Uhr. Schon so spät? Der Pantomime im Klettergarten macht ein überraschendes Gesicht, bevor er zum Tanz bittet. Zu Buena Vista Social Club erhebt sich eine junge Frau über die Köpfe der Zuschauer: Hochseilkunst im Hochseilgarten – Da recken auch die Ermüdeten ihren Kopf, die in den gemütlichen Schaukelstühlen rasten.

Keine Rast – weiter geht es zum Peter-Behrens-Bau, in der stillen Hoffnung, dass niemand sonst den Tipp bekommen hat: Von dort sieht man das Feuerwerk um halb eins am besten. Mit einem polnischen Bier vom Gdanska-Chef ist das sogar noch schöner: 0.30 Uhr. Die Lichter am Gasometer gehen aus. Stille. Und jetzt?

Das Symbol unserer Stadt geht in Flammen auf. Roter Qualm vom Dach der Tonne, in der sich Lichterketten hochziehen, bis sie sich oben angekommen zu einem fulminanten Feuerwerk entzünden. Schicht im Schacht. Danke für die schöne Nacht!