Wie feiert man seine 700-jährige Geschichte? Indem man in der Moderne Platz für Historie macht: Die Holtener haben ihre Karten richtig gemischt.
Eine kleine Kirmes im Rücken schreitet ihr Gast durch ein liebevoll gestaltetes Stadttor in eine andere Zeit. Gleich am Eingang wechselt er den ungeliebten Euro gegen eine sichere Währung: Für ein paar Holtener Taler, für dieses Fest eigens geprägte Münzen, reihen sich an der Kastellstraße Händler aus Gegenwart und Zukunft auf. Ein Beutelmacher stellt sich in den Weg, will der „holden Maid einen Glücksschatz“ schenken. Den nimmt sie dankend an, dreht sich um und stößt gegen zwei Nachtwächter. „Hört, ihr Leut’“, singen sie unter ihren schwarzen Kutten und dem jonglierenden Gaukler zu, der eine Traube von Menschen um sich versammelt hat. „Kommt hier hinein“, ruft Monika Elm und zieht die Tür der evangelischen Kirche zu. Stille.
„Willkommen zum Rundgang“, sagt Elm und beginnt von den Ursprüngen einer Gemeinde zu erzählen, die nicht nur wegen ihrer Historie Sonderstatus in dieser Stadt hat. „Holten war früher abseits aller wichtigen Verkehrswege“, sagt die Historikerin, zeigt alte Pläne und berichtet so anschaulich von dem Leben der einstigen Bauern und Handwerksleute, dass man diese einen Moment unter sich sieht — hätte nicht jemand die große Kirchentür gerade wieder geöffnet und die Laute der Festwiese eingelassen.
Dort stellen örtliche Tierzuchtvereine Kaninchen und Hühner aus, während sich keinen Schritt weiter das Mittelalter mit einem großen Gelage jedem Zeitreisenden öffnet: Die Holtener Rotte hat sich um einen Feuerplatz versammelt, lässt ihren Baader davon erzählen, wie Lavendel gegen Ungeziefer hilft und einen Waffenburschen erklären, wie man früher eine Schusswaffe stopfte. Doch der eigene Blick wandert weiter zu der großen Showbühne, auf der sich die Holtener Gruppe „Die Ersatzbank“ bereit macht. Für einen Moment macht die Historie Platz fürs Moderne: Gemeinsam siegen Gegenwärtige und Vergangene ihren WM-Song.