18. Oktober 1758: Das eiserne Herz des Ruhrgebiets beginnt zu schlagen. An diesem Tag floss aus dem Hochofen der St. Antony-Hütte erstmals Eisen.

19. Juni 2010: Ein Steg führt mitten ins einstige Herzstück der Ruhrindustrie. Er darf zur Extraschicht morgen erstmals von Besuchern betreten werden. „Wir machen eine Sonderschicht“, verspricht die Kulturdezernentin des Landschaftsverbands Rheinland (LVR), Milena Karabaic.

17. Juni 2010, am Vormittag: Metallpfähle umringen das Ausgrabungsgelände an der Antoniestraße, die Zaunelemente fehlen. Zwei Drehkreuze an den beiden Plateaus des Betonstegs markieren die Zugänge. Sie wirken etwas verloren, so ohne Drumherum. Arbeiter schaffen Geländer herbei und montieren sie. Auf der Wiese nebenan ist etwa die Hälfte des Daches zusammengebaut. Es sollte längst die Ausgrabung überspannen. Ursprünglich sollte zur Extraschicht 2010 das Richtfest gefeiert werden.

Der lange Winter hat auch hier den Zeitplan verschoben. Noch fehlt der architektonisch anspruchsvolle „Deckel“ des 1,2 Millionen Euro-Projekts. Deshalb fehlen auch die großen Monitore, Animationen, die das Hüttenwerk virtuell zum Leben erwecken sollen, werden noch im Museumsgebäude gegenüber gezeigt.

Ein Augenaufschlag

Immerhin kann man dem Herzen – oder der Wiege der Ruhrindustrie, wie die St. Antony-Hütte auch gern genannt wird – auf dem Steg schon ein wenig näher kommen. Und so vielleicht die Begeisterung der Archäologen verstehen, für die die 250-jährige Geschichte der Hütte eher ein „Wimpernschlag“ ist. Er ist nämlich auch ein Augenaufschlag: St. Antony wird der erste Industriearchäologische Park Deutschlands. Für LVR-Museumsdirektor Walter Heuser ist er „der letzte Mosaikstein in unserem Museumsgefüge.“

Kulturdezernent Apostolos Tsalastras findet gleich drei gute (Hinter-)Gründe für das Projekt: „Es ist wichtig für die Identität der Stadt Oberhausen“, sagt er, „hier liegen die Grundsteine für die Stadt.“ Als „Marke“ biete das LVR-Industriemuseum „großes Potenzial“ für den Tourismus als „wichtiges Standbein der Wirtschaftsentwicklung“. Und schließlich sei der industriearchäologische Park in Verbindung mit der Entwicklung des Areals rund um die Ausgrabungsstätte ebenso „ein wichtiger Beitrag für den Stadtteil.“

Noch wirken die Mauerreste auf den Betrachter verwirrend. Doch es sind schon einige Schautafeln montiert, die einen kurzen Abriss der wechselvollen Geschichte des Standortes bieten. Zusammen mit den 3-D-Animationen wird wohl bald ein vollständiges Bild daraus. Ab Juli gibt es regelmäßige Führungen, jeweils donnerstags ab 15 Uhr.

An den Ausgrabungen hätten die Bürgerinnen und Bürger schon großen Anteil genommen, sagt LVR-Kulturdezernentin Milena Karabaic, „ich wünsche mir, dass die Neugier und das Interesse nicht abreißen.“