Mit diesem Fall hat das Quartett aus Sofia direkt nichts zu tun: Dienstag wurde am Geldautomaten einer Bankfiliale an der Schmachtendorfer Straße mal wieder ein Fall von Manipulation („Skimming“) bekannt – eben dort waren die vier Bulgaren im letzten Jahr besonders gern aktiv. Bis zum 16. Dezember allerdings nur, da schlug die Oberhausener Polizei zu, verhaftete einen Mann an Ort und Stelle, drei mutmaßliche Mittäter in einem Essener Hotel.
Der seinerzeit in Königshardt dingfest gemachte Stanko G. (Name geändert) trägt seit einer Woche zur Erhellung der Tatumstände bei: Da hat er vor der Polizei ein Geständnis abgelegt und am Dienstag vor der 1. Großen Strafkammer am Landgericht Duisburg bestätigt. Pikant: Eine Pflichtverteidigerin wurde am ersten Prozesstag entpflichtet – der Angeklagte äußerte, kein Vertrauen mehr zu ihr zu haben. Wortlos verließ die aus Halle/Saale kommende Anwältin den Saal. Damit sind es „nur“ noch acht Pflichtverteidiger, die dem betrügerischen Quartett zur Seite stehen.
Gesprochen hat bislang nur der erwähnte 35-Jährige, seine Komplizen (zwei sind ebenfalls vom Jahrgang 1975, einer ist vier Jahre jünger) hüllen sich in Schweigen. Das haben sie auch während der langen Untersuchungshaft in verschiedenen Justizvollzugsanstalten des Landes nicht gebrochen.
Ein wenig Licht
Immerhin: Das Geständnis bringt ein wenig Licht ins Geschehen, bestätigt auch weitgehend das, was Ermittlern längst klar war: Einzeltäter sind hier nicht am Werke, es geht um organisierte und international aktive Kriminalität. Allein das Konto der vier Bulgaren trägt belegte Hinweise, die von der Hauptstadt Sofia aus nach Italien, Spanien und bis nach Südafrika weisen. Der angerichtete Schaden, den die Polizei für die angeklagten 18 „selbstständigen Handlungen“ ermittelt hat, beläuft sich auf rund 350 000 Euro, der weitaus größte Teil (rund 220 000 Euro) hat seinen Ursprung an der Schmachtendorfer Straße. Die Zahl der durch Skimming-Attacken in der dortigen Bankfiliale geschädigten Oberhausener wird auf mehr als 40 beziffert, bundesweit sollen es Hunderte sein – wobei die meisten Taten in Oberhausen und Umgebung verübt worden sind.
Wie kam Stanko G. zum Skimming-Team? Er habe erhebliche Schulden bei einem illegalen Geldverleiher gehabt, die auch durch den Verkauf eines Häuschens in Sofia nicht zu decken waren, sagte er aus. Der Geldverleiher habe ihm gesagt, er könne in Deutschland was für ihn tun. Er setzte ihn ins Flugzeug nach Wien, von dort ging’s per Zug nach Berlin, per Leihwagen ins Ruhrgebiet. Da traf G. die Mitangeklagten, die ihn in das „Geschäft“ einwiesen.
Mit Nachbauten von Lesegeräten, Beobachtung durch Kameras und manipulierten Tastaturen verschaffen sich die Skimmer Zugang zu den Datenträgern, die elektronisch nach Sofia transportiert wurden. Dort fabriziert man Karten und beginnt mit dem Plündern der Konten – meist in relativ kleinen Beträgen, so dass die Betroffenen es oft erst spät merken.
Der Prozess wird am 24. Juni fortgesetzt.